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Richtung laufen und ein intricates Netz bilden. Die histologische Bedeutung dieses schon von Frommann erwähnten
Bogens ist schwer mit Sicherheit zu bestimmen. Wie angedeutet wurde, ist er auch gar keine constante Bildung,
sondern kommt nur seltener zur Anschauung. Im Allgemeinen schien er uns von der Anordnung der das Stämmchen
durchziehenden, pialen Scheidewände seinen Ursprung herzuleiten. Beim schiefen Längsschnitt des Wurzelstämmchens
dürften letztere bogenförmig erscheinen. Wenn man einen gelungenen Längsschnitt (Taf. I Fig. 1, 2) durch die aus dem
Rückenmarke austretenden Nervenstämmchen erhalten hat, findet man ferner, wie erwähnt, class von der Einschnürungs-
stellc die Pia mit jedem Stämmchen eine dünnere Scheide nach aussen absendet; diese Scheide, welche jenes ziemlich
fest umgiebt, nimmt keine von den gröberen Fasern der Intima pias in sich auf, sondern nur spärliche dünnere Fasern;
sonst besteht sie aus mehreren feinen Lamellen von Häutchenzellen, welche nach Versilberung schöne Netze polygonaler
Felder zeigen; die innerste sehr dünne Zellenlamelle begrenzt die Nervenfasern des W7urzelstammes und bleibt bei
den Präparaten an der Oberfläche desselben oft allein zurück. Am Querschnitt der Nervenstämmchen (Taf. I Fig. 4),
welcher im Allgemeinen mehr oder weniger rundlich erscheint, sieht man nun von dieser äusseren Scheide dünne
Lamellen ins Innere des einzelnen Stämmchens treten, um dieses in mehrere, bald rundliche bald mehr eckige Bündel
zu theilen. Sowohl an der Abgangsstelle dieser Scheidewände als bei ihrem Zusammentreffen im Inneren des
Stämmchens laufen hie und da Blutgefässe (Taf. I Fig. 4 b). Jedes Bündel ist nun aus einer Menge von Nervenfasern
zusammengesetzt; diese sind am Querschnitt (Taf. I Fig. 5, 6) rundlicher Gestalt, nicht gegen einander abgeplattet
; sie stehen nämlich nicht dicht gedrängt, sondern sind durch ein ziemlich spärliches Gewebe von einander
getrennt. Dies Gewebe besteht theils aus sehr dünnen Lamellen von Häutchenzellen, welche hie und da von den
eben erwähnten Scheidewänden ausgehen, theils aus zwischen den einzelnen Nervenfasern befindlichen, von spärlichem
Protoplasma umgebenen Kernen und längsgehenden Fibrillen. Wenn man nach Behandlung mit Ueberosmiumsäurc
und Färbung (z. B. mit Beale's Carmin) die Nervenstämmchen mit Nadeln von einander trennt, sieht man dies
Gewebe oft, besonders um die gröberen Nervenfasern, obwohl in nicht eigentlich reichlicher Menge hervortreten.
Wenn man an solchen Präparaten die einzelnen Nervenfasern durchmustert, findet man, dass sie von verschiedener
Breite sind; die meisten sind ziemlich grob; claneben laufen Bündelchen feinerer »varicöser» Fasern (Taf. I Fig. 14)
entweder mehr spärlich oder in reichlicherer Zahl. Das Verhältniss der gröberen und feineren Fasern zu einander
ist in den verschiedenen Wurzeln und ihren Stämmchen doch ein sehr wechselndes. Bündel feinerer, myelinhaltiger
Fasern sind indessen in den hinteren Wurzeln in weit reichlicherer Menge vorhanden als in den vorderen, wo sie
nur mehr spärlich vorkommen. Die Zusammensetzung der Nervenfasern ist nun nach unseren Ergebnissen gleich nach
dem Austreten aus dem Rückenmark ganz die der Fasern der peripherischen Nerven. Jede Faser, sowTohl die gröberen
als die feineren ist mit einer Schwannschon Scheide versehen, die in gewissen Abständen Einschnürungen zeigt
und ungefähr in der Mitte zwischen je zwei solchen einen an ihrer Innenseite hervorragenden, von einer glänzenden
Körnchenzone umgebenen, rundlich-ovalen Kern besitzt (Taf. I Fig. 9—15). Innerhalb dieser Scheide liegt die
Myolinscheidc, welche an den Einschnürungsstellen Unterbrechungen erfährt und im übrigen die anderen Nervenfasern
eigentümlichen Eigenschaften aufweist. In ihrem Lumen verläuft der Axencylinder, entweder von ihr enger
umgeben oder mehr frei. In den Nervenwurzeln scheinen nur selten marklose Fasern vorzukommen; wir trafen solche
Fasern nur dann und wann in spärlicher Anzahl in den hinteren Wurzeln. Sie sind von derselben Beschaffenheit
wie die der peripherischen Nerven. Da weiterhin bei der Darstellung der extraganglionären peripherischen Nerven
eine genauere Beschreibung der Nervenfasern gegeben wird, gehen wir hier nicht näher auf den Bau der betreifenden
Fasern ein. Es sei indessen bemerkt, dass wir den Bau dieser Fasern nicht nur beim Menschen, sondern auch bei
andern Wirbelthieren (Hund, Kaninchen, Frosch) untersucht und sie immer nach demselben Typus eingerichtet
gefunden haben. (S. Taf. I Fig. 18—16). Es wäre nun von Interesse, die Wurzelfasern ins Rückenmark hinein zu
verfolgen, um die Entstehung der Schwannschen Scheide und ihre Eigentümlichkeiten hier zu studiren; da dies
uns aber wieder auf die Frage vom interstitiellen Gewebe und der Neuroglia der Centraiorgane, worauf wir in dieser
Arbeit nicht näher eingehen wollen, führen würde, sind wir davon abgestanden. Die also zusammengesetzten
Wurzelstämmchen laufen nun, die WTurzelstämme bildend, durch den Subarachnoidalraum nach aussen hin,
wTobei sie sich in etwas verschiedener Weise zum Subarachnoidalgewebe verhalten. Da dies aber schon oben
in der eisten Hälfte der Arbeit ausführlich beschrieben wurde, verweisen wir auf jene Darstellung. Hier sei nur
erwähnt, class sie mittels der an ihren Scheiden angehefteten Balken und Häutchen mehr oder weniger frei im Subarachnoidalraum
schweben, sowie class in gewissen Gegenden feinere, anastomosirende Nervenzweige von dem einen
Stamme zum anderen verlaufen. Indern sie sich der äusseren Wand des spinalen Subaraehnoidalraunis nähern, treten
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