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complexen entsprechend zu sein scheinen, stammen jene nur von einer einzigen Zelle ab und sind auch bloss einer
Zelle äquivalent. Darin liegt denn aber auch der hauptsächlichste, ja ich möchte sagen, der einzige durchgreifende
Unterschied zwischen beiden Ganglienkörper-Arten, und alle übrigen scheinen ihm gegenüber nur von untergeordneter
Bedeutung zu sein. Es ist möglich, dass weitere Untersuchungen noch dem einen oder anderen von diesen letzteren
ein grösseres Gewicht verleihen werden. Zur Zeit jedoch müssen wir wohl darauf verzichten so Etwas zu unternehmen
, wollen wir nicht den Verdacht zu künsteln auf uns laden)).
Schwalbe1) — welcher neulich eine eingehende Untersuchung über den Bau des Kerns bei den Ganglienzellen
der Retina anstellte und an diesem Gebilde eine Kernmembran fand, welche sich als aus derselben Substanz (Nucleolar-
substanz Schwalbe) wie das Kernkörperchen gebildet erwies — konnte bei den Ganglienzellen des Ganglion Gasseri
vom Kaninchen, und den Spinalganglien der Rana temporaria keine entsprechende Kernmembran nachweisen. Es
fehle mithin eine solche Membran, sowie die von ihm an den Retinaganglienzellen gefundenen, wandständigen Kern-
körperchen. Die Zellen der Spinalganglien zeigten den Kern als hellen, vollkommen homogenen Hof um das gewöhnlich
kuglige Kernkörperchen; letzteres war beim Kaninchen zuweilen eckig oder leicht zackig. Frische Spinalganglienzellen
vom Frosche sind nie homogen zu sehen, sondern lassen stets eine feine moleculäre Trübung erkennen.
Dieselbe sei leichter, wie bei den von ihm untersuchten Zellen des Rückenmarks, auf eine netzförmige Anordnung
der Ganglienzellensubstanz zurückzuführen; die Knotenpunkte der feinen Netzfäden imponiren bei flüchtiger Betrachtung
als Körnchen.
Aus dieser chronologisch geordneten Erforschungsgeschichte der Cerebrospinalganglien geht hervor, dass zwar
viele Untersuchungen über dieselben ausgeführt sind, aber die Ansichten noch in mancherlei Beziehung aus einander
gehen. Im Ganzen war es nicht eben leicht, diese Angaben zusammenzustellen, theils weil viele derselben in Abhandlungen
niedergelegt sind, in denen man sie nicht zu finden glaubt und deswegen die Vollständigkeit stets
zweifelhaft bleibt, theils auch weil oft, vorzugsweise in den älteren histologischen Schriften, die Cerebrospinalganglien
und die sympathischen Ganglien nicht getrennt behandelt worden sind; bei mehreren Verfassern findet
man nur generelle Angaben über Ganglienzellen im Allgemeinen. In diesen Fällen haben wir, so oft eine wirkliche
Sonderung des Gegenstandes nicht gelang, die betreffenden Angaben in der Geschichte der Spinalganglien sowohl
als in derjenigen der sympathischen Ganglien aufgeführt. Zuweilen konnten wir aus den Erläuterungen zu den
beiffe^ebenen Abbildungen erkennen, um welche Art von Ganglien es sich handelt.
Der Uebergang der Nervenwurzeln in die Spinalganglien und die allgemeine Anordnung
der die letzteren bildenden Theile.
Bei der Beschreibung der Nervenwurzeln des Menschen wurde hervorgehoben, dass die hinteren Wurzeln beim
Uebergang in die Ganglien aus mehreren, von besonderen sowohl, wie gemeinsamen Scheidenbildungen umgebenen
Stämmchen zusammengesetzt sind. Dieser Uebergang geschieht aber nicht für alle Stämmchen gleichzeitig und an
einer bestimmten Stelle. Im Gegentheil findet er nur allmählig statt, so dass man keine eigentliche Grenze zwischen
der Wurzel und dem Ganglion ziehen kann. Das erste sichere Zeichen der Ganglienstructur besteht in dem Auftreten
kleiner Nester von Ganglienzellen. In dem sehr zellenreichen, oben als präparatorisches Gewebe beschriebenen
Bindegewebe erscheinen nämlich, im Allgemeinen nach der Mitte, hie und da aber auch mehr nach den Seiten hin,
l) Jenaischc Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd 10. (Neue Folge. Bd 3). 1876. Separ. Abdr.
Axel Key und Gustaf Retzius. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 7
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