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Breite sind die Entfernungen im Allgemeinen je nach steigender Breite entsprechend grösser. Doch sind diese Verhältnisse
nicht als derart regelmässig zu betrachten, dass bei einer gewissen Breite der Faser die Entfernungen von
ganz bestimmter Grösse seien; wie überall in der Natur, ist auch hier, wie oben angedeutet wurde, ein ziemlich
bedeutender Wechsel vorhanden. Dieser Wechsel in der Grösse der Entfernungen kommt nicht nur bei verschiedenen
Nervenfasern vor, sondern er findet sich sogar in gleicher Weise an einer und derselben. Wenn man nämlich die
auf einander folgenden Entfernungen zwischen den Einschnürungen an einer und derselben Nervenfaser vergleicht,
sind die gefundenen Masse derselben ebenso wechselnd wie bei verschiedenen Nervenfasern. Trotz dieser vielfachen
Variationen tritt aber die oben angegebene Regel von dem einander entsprechenden Verhältniss zwischen
der Breite der Nervenfasern und der Länge der zwischen zwei Einschnürungen vorhandenen Theile derselben
deutlich hervor und sie darf als ein sicher festgestelltes Gesetz angesehen werden.
In Betreff der zweiten bezüglichen Frage, der von der Lage des Kerns im Verhältniss zu den Einschnürungen,
findet man ebenfalls aus der Tabelle, dass ersterer, wie angegeben wurde, ungefähr in der Mitte zwischen zwei von
diesen liegt. Doch findet er sich nur selten vollkommen in der Mitte, sondern in der Regel der einen Einschnürung,
bald der centralen, bald der peripherischen, näher. Es kommt sogar, obgleich selten, vor, dass die auf der einen
Seite des Kerns befindliche Strecke doppelt so lang ist als die auf der anderen. Die Variationen in der Länge des
Kerns ergeben sich hinlänglich aus der Tabelle selbst.
In den meisten peripherischen cerebrospinalen Nervenstämmen findet man indessen ausser den myelinhaltigen
Nervenfasern auch eine andere Art eigentümlich aussehender Fasern, die sogenannten myelinfreien (Taf. VI
Fig. 7—10). Sie verlaufen entweder einzeln oder in kleinen Gruppen zwischen den myelinhaltigen. In unerhärtetem
Zustande sind sie so schwach hervortretend, dass sie kaum oder wenigstens sehr selten zur Anschauung kommen.
Nach Erhärtung, besonders in Ueberosmiumsäure, erhält man sie bei Zerfaserung der Nerven dann und wann im
Gesichtsfeld. Sie sind der Regel nach die schmälsten unter den Nervenfasern sowie ganz blass und farblos; durch
Ueberosmiumsäure werden sie schwach graugelblich, zuweilen etwas glänzend. Ihre Ränder sind einander parallel,
so dass die Breite jeder Faser während des Verlaufes ungefähr dieselbe bleibt. Die Breite der verschiedenen Fasern
ist aber etwas wechselnd. Hie und da findet man an ihrer Oberfläche undeutliche längsgehende Striche, wie von
kleinen Falten entstanden; nur sehr selten erscheint es so, als ob eine dünne Membran von der Oberfläche sich etwas
abgehoben hätte. Der Inhalt der Fasern ist homogen, hell, ohne wahrnehmbare Structur. In gewissen Entfernungen
finden sich nun an diesen Fasern länglich-ovale, spindelförmige Kerne, welche den Fasern dicht ansitzen, in der Regel
breiter als dieselben sind und längliche, knötchenartige Verdickungen an ihnen darstellen. Zuweilen scheint es sogar
als ob die Kerne in den Fasern selbst liegen; bei genauerer Betrachtung findet man aber, dass sie nur seitlich anhaften
. Obwohl man sonst sehr wenige Spuren einer die Fasern bekleidenden (Schwannschen) Scheide wahrzunehmen
vermag, spricht doch das Vorhandensein dieser Kerne stark für die Existenz einer solchen. An den Enden der Kerne
sieht man zuweilen einige glänzende Körnchen, als ob auch hier ein schwacher Rest eines Zellenprotoplasma vorkommt
. In der nächsten Umgebung der Kerne, an beiden Enden derselben, erweitert sich ausserdem die Nervenfaser
oft ein wenig. Die Kerne, deren Grösse etwas wechselt (zwischen 0.0128 und 0.0192 Mm.), liegen nun an
jeder Nervenfaser in fast regelmässigen Entfernungen von einander. Bei verschiedenen Fasern wechselt aber die
Grösse der Entfernungen ein wenig. Wir führen hier als Beispiel einige Masse an, welche die Länge der zwischen
den Kernen befindlichen Theile der Faser sowie die Länge der Kerne selbst angeben.
Breite
der Faser.
Länge
des Kerns.
Entfei'nung
zum nächsten
Kerne.
Länge
des Kerns.
Entfernung
zum nächsten
Kerne.
Länge
des Kerns.
Entfernung
zum nächsten
Kerne.
Mm.
Mm.
Mm.
Mm.
Mm.
Mm.
Mm.
0,0024
0,0144
0,25
0,0128
0,25 G
0,01G
0,10
0,003
0,0128
0,208
0,014
0,224
0,010
0,170
Zwischen den Kernen fanden wir an den Fasern keine Andeutung von Einschnürungen, keine Querstriche oder
sonstige Abtheilungen. Durch Versilberung gelang es uns ebenso wenig Spuren derartiger Bildungen hervorzurufen.
Einige Mal sahen wir an einer Faser zwei Kerne neben einander liegen (Taf. VI Fig. 7). Es lässt sich nun die Frage
aufwerfen, ob in der That in diesen Fasern wirkliche Nervenfasern vorliegen. Abgesehen von anderen Thatsachen
ergiebt sich die nervöse Beschaffenheit dieser Fasern besonders aus dem Vergleich derselben mit den myelinfreien
Nervenfasern des Sympathicus, bei welchen kein Zweifel mehr möglich ist. Die Uebereinstimmung ist so gross,
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