http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/key1876-2/0115
105
vorzugsweise an deren Enden, eine dünne körnig-protoplasmatische Zone, welche nach aussen hin mit mehr oder
weniger bestimmter Grenze in ein äusserst feines, schwach körniges Häutchen übergeht (Taf. XIV Fig. 7). Dies
Häutchen, welches vollständig den aus dem Subarachnoidalgewebe geschilderten, aus Häutchenzellen bestehenden
entspricht, löst sich leicht von den fibrillären Lamellen ab und flottirt in verschieden gestalteten Fetzen am Präparate.
Oft ist dies Ob erfläch enhäutchen der Lamellen so verschwindend dünn, dass man kaum eine Andeutung desselben
wahrnimmt. Die Kerne mit ihren Protoplasmazonen liegen oft in kleinen Spalten zwischen den Fibrillen etwas eingesenkt
, die Protoplasmazone nimmt dadurch eine spindelförmige Gestalt an. Ausser diesen Zellenhäutchen findet man
an der Oberfläche der Lamellen sehr oft ein Netz hie und da anastomosirender, steifer, glänzender, der Länge des
Nerven nach verlaufender Fasern, welche sich als elastische erweisen. Diese Fasern begleiten also auch hier die Zellenhäutchen
. Bei diesen Lamellen bemühten wir uns ebenfalls zu entscheiden, ob beide Oberflächen von Zellenhäutchen
bekleidet sind; aus mehreren Gründen glauben wir dies annehmen zu können. Dafür sprechen besonders die Bilder, welche
an Querschnitten der in Essigsäure oder Holzessig aufbewahrten Nerven zu gewinnen sind. Dadurch schwellen die epi-
ncuralen Lamellen bedeutend an, viel mehr als die perineuralen. An den mit Essigsäure behandelten Nerven (Taf.
XIV Fig. 2 Ep) bekommt man also am Querschnitt ausserhalb des Perineurium breite Bänder von ziemlich unregel-
mässio^er Form indem ihre hie und da mit Kernen besetzten Grenzlinien nicht ganz parallel sind, sondern zuweilen
sich einander etwas nähern, um sich dann wieder von einander zu entfernen. An Querschnitten der in Holzessig
aufbewahrten und mit Anilin gefärbten Nerven (Taf. XII Fig. 3, 5 Ep) erhält man noch mehr aufklärende
Bilder über den Bau des Epineurium. Man findet hier (Fig. 3 Ep) die Lamellen, wTie erwähnt, stark angeschwollen
und als breite Bänder erscheinend. Sie zeigen sich aus einer hellgraulichen, homogenen Substanz gebildet, welche
durch eine Men^e schief und quer verlaufender, feiner und undeutlich markirter Spalten in zahlreiche, kleine, unregelmässige
Abtheilungen getrennt ist. Es entsprechen letztere wie bei den perineuralen Lamellen den angeschwollenen
Fibrillenbündeln, deren Grenzen durch die Spalten noch wahrnehmbar sind. Zu beiden Seiten sind die Querschnitte
der epineuralen Lamellen von scharfen Contouren begrenzt, die durch Anilin einen röthlichen Ton annehmen; hie
und da liegen an ihnen die im Querschnitt spindelförmig erscheinenden Kerne. Zuweilen gehen indessen die Grenzlinien
schief durch die Lamellen und trennen sie dadurch in zwei (Taf. XII Fig. 3). An anderen Stellen sind diese
schief oder quer gehenden Theilungslinien bedeutender entwickelt (Taf. XII Fig. 5. Ep). Es verbinden sich nämlich
die Grenzlinien hie und da mit einander quer durch die Lamellen, indem von einer zu der anderen dünne Zellenhäutchen
ziehen; dadurch bekommt man zuweilen mitten in der angequollenen Substanz Kerne, von welchen nach
verschiedenen Richtungen hin zwei oder mehr feine, durch Anilin sich roth färbende Linien ausgehen. Die Lamellen
werden dadurch in unregelmässige Partien getheilt.
Die in der soeben geschilderten Weise gebauten epineuralen Lamellen umgeben nun in verschiedener Zahl
die einzelnen Nervenbündel in concentrischer Anordnung. Etwas weiter von letzteren ab wird aber diese Anordnung
mehr und mehr unregelmässig; die Lamellen werden durch zahlreichere Spaltungen abgetheilt und gehen
reichliche Verbindungen mit einander ein. Die concentrischo Anordnung um die einzelnen Nervenbündel geht immer
mehr verloren. Dagegen werden die den betreffenden Nervenstamm bildenden Bündel von einem etwas lockereren
Bindegewebe zusammengebunden, in welchem gewöhnlich Haufen von Fettkugeln eingebettet liegen (Taf. XVII Fig. 2).
Nach aussen hin ist der ganze Nervenstamm von einem unregelmässig concentrischen Bindegewebe umgeben (Taf.
XVII Fig. 6), welches ohne scharfe Grenze mit dem betreffenden Gewebe anliegender Organe zusammenhängt, In
dem Epineurium verlaufen ziemlich zahlreiche Blutgefässe, von welchen Zweige durch das Perineurium ins Innere
der Nervenbündel gehen. Wenn diese Gefässzweige die Lamellen durchziehen, werden sie von dünnen, aus
Häutchenzellen gebildeten Scheiden umgeben, welche mit den Oberflächenhäutchen der Lamellen zusammenhängen
(Taf. XII Fig. 5 El).
Das hier geschilderte Bindegewebe der cerebrospinalen Nerven ist es nun, welches man bisher meistens mit
dem gemeinsamen Namen »Neunlem» bezeichnet hat. Dass, wie wir schon einmal bemerkt haben, dadurch eine grosse
Unsicherheit und sogar Missverständnisse und irrige Ansichten entstanden sind, lehrt zur Genüge die geschichtliche
Zusammenstellung der früheren Angaben. Die von uns angewandten Bezeichnungen geben dagegen viel genauere
Anhaltspunkte, sowie keine Veranlassung zu Missverständnissen. Besonders ist es bei der Beschreibung pathologischer
Veränderungen der Nerven von grossei- Wichtigkeit, die verschiedenen Bindegewebsbildungen aus einander
zu halten.
Key und Retzius. Studien in der Anatomie des Nervensystems, 27
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/key1876-2/0115