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Kölliker *) hält daran fest, class vom anatomischen Standpunkte ans die feinen (markhaltigen) Nervenfasern
wohl durch ihren Ursprung in Ganglien, wo sie direct mit Ganglienzellen zusammenhängen, und, einem kleineren
Theile nach, im Marke, sowie durch ihre Verbreitung von den dicken Fasern, die alle im Marke entspringen und vorzüglich
zu willkürlich beweglichen und bewusst sensiblen Theilen gehen, sich unterscheiden; dagegen als Fasern für
sich betrachtet, von den dicken Nervenröhren nicht wesentlich geschieden sind, indem beide etwa wie Varietäten einer
Art zu einander sich verhalten. In den Stämmen der Milznerven des Kalbes kommen nach Kölliker zahlreiche
dichotomische Theilungen von Nervenröhren vor.
Die »Gaugliennerven», mit welchem Namen Kölliker 2) den Sympathicus (das sympathische oder vegetative
Nervensystein) lieber bezeichnen' will, stehen »einerseits durch viele in ihren Ganglien entspringende feine Nervenfasern
, Ganglienfasern des Sympathicus, ganz selbständig für sich da, während sie auf der anderen Seite durch
Aufnahme einer geringeren Zahl von Fasern der andern Nerven auch mit dem Mark und dem Gehirn verbunden
sind». Die Gangliennerven dürfen deshalb nicht »für etwas ganz besonderes» gehalten werden, indem im Grunde jeder
Spinalnerv dieselben Hauptelemente darbietet. Der Stamm des Sympathicus ist ein weisslicher oder weisser Nerv
mit Neurilem und dunkelrandigen Nervenröhren, die meist eine einzige compacte Masse bilden. Die Nervenröhren
verlaufen in der Regel einander parallel; sie sind von verschiedenem Durchmesser; die in überwiegender Zahl vorhandenen
feineren und die dickeren Fasern verlaufen zum Theil mit einander vermengt, zum Theil mehr bündelweise
neben einander. Die zahlreichen feinen Fasern im Sympathicus machen keine besondere Faserclasse ans; feine und
dicke Fasern sind nämlich an und für sich in keinem wesentlichen Punkte verschieden und zeigen die zahlreichsten
Uebergänge; ausser im Sympathicus kommen ähnliche Nervenröhren an vielen anderen Orten vor (in den hinteren
Wurzeln der Spinalnerven, in denen der sensitiven Kopfnerven, im Mark und Gehirn). Die sogenannten Remakschen
Fasern sind nach Kölliker keine Nervenröhren, sondern zum Bindegewebe der Nerven zu zählen; sie »gehen von
den Scheiden der Ganglienkugeln der sympathischen Ganglien aus und setzen sich, die von diesen entspringenden
Nervenröhren umhüllend, in die Nervenstämme fort». »Da nun diese Scheiden sicherlich eine Art Bindegewebe sind,
wie auch die Spinalganglien lehren, wo dieselben in ganz ähnlicher Weise, nur spärlicher und ohne in die Nerven
überzugehen, sich finden, so können auch die Remakschen Fasern kaum etwas anderes sein». »Den Remakschen
Fasern ganz ähnliche kernhaltige Fasern zeigen auch die feinsten Zweige der Spinalnerven». Auf diese und mehrere
andere Gründe gestützt, war Kölliker »der bestimmten Ansicht, class die kernhaltigen Fasern im Sympathicus erwachsener
Säuger eine Form des Neurilems sind». Auch in den Ganglien des Grenzstranges finden sich nach ihm
Remaksche Fasern, »jedoch meist nicht weit über dieselben hinaus», so dass der Stamm gewöhnlich nicht viele derselben
enthält. Betreffs der Rami communicantes fand Kölliker, class sie bei den meisten Ganglien in ihren Elementen,
Neurilem und Nervenröhren, ganz mit den Nervenwurzeln übereinstimmen, so jedoch, class das Vcrhältniss der feinen
zu den dicken Fasern meist dasselbe ist wie in den hinteren Wurzeln. Die Rami communicantes seien weit vorwiegend
als Wurzeln des Sjmpathicus von den Spinalnerven aus zu betrachten, obwohl sie sehr verschiedener Natur
sein können.
Zur Bildung des sympathischen Nerven treten nach Hassall 3) zwei verschiedene Gattungen von Fasern
zusammen; erstens die gewöhnlichen röhrenförmigen Fasern, Avelche sehr dünn sind und leicht varikös werden, »und
zweitens mit Kernen versehene Filamente, welche in jeder wahrnehmbaren Beziehung den glatten Muskelnbrillen
gleichen». Diese zwei Arten von Fasern sind in verschiedenen Nerven in verschiedenen Proportionen vorhanden.
Betreffs der Frage, ob sie Nervenfasern darstellen, führt Hassall die Gründe und Gegengründe an, ohne ein bestimmtes
Urtheil abzugeben.
Im Grenzstrange des Sympathicus des Landsalamanders fand Leydig4) neben zahlreichen dunkelrandigen Nervenfasern
andere, welche als Uebergangsformen zwischen ersteren und den blassen Fasern zu betrachten wären; die
Scheide derselben ist mit zahlreichen langen Kernen versehen; wahrscheinlich besitzen sie eine dünne Myelinscheide.
l) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 1. 1849.
-) Mikroskopische Anatomie. Bd. II. Erste Hälfte. Leipzig 1850.
3) Arthur Hill Hassalls Mikroskopische Anatomie des menschlichen Körpers im gesunden und kranken Zustande. Aus d. Engl,
übers, v. Dr. Otto Kohlschütter. Leipzig 1852.
4) Anatomisch-histologische Untersuchungen über Fische und Reptilien. Berlin 1853.
Key und RetziüS. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 39
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