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keine wahrhaft sympathische Nervenfasern. Die aus dem Grenzstrange entspringenden Zweige nehmen aus demselben
immer feinere und dicke Röhren auf, führen aber ausserdem die Remakschen Fasern, unter welchem Namen
die verschiedenartigsten Dinge, Scheiden der Nervenfasern und Zellen, Netze von Bindegewcbskörperchen und
wirkliche blasse Nervenfasern von embryonalem Typus gehen. Diese letzteren, welche platte blasse Fasern mit undeutlich
streifigem, körnigem oder mehr gleichartigem Innern sind, die von Stelle zu Stelle meist längliche oder
spindelförmige Kerne besitzen und in fast allen grauen Theilen der Gangliennerven sich finden, sind nunmehr auch
nach Köllikers Ansicht sehr wahrscheinlich alle als marklose Nervenfasern zu betrachten. Die geraden, kernhaltigen
Fasern des Sympathicus, die mit embryonalen Fasern übereinzustimmen scheinen, sind sogar nach Kölliker entschieden
Nervenfasern. »Der Bau dieser Fasern ist übrigens lange nicht hinreichend bekannt». Die übrigen als Remaksche
aufgeführten Fasern gehören aber zur Bindesubstanz, indem eine Form derselben, die »aus einem nicht leicht
in Fasern zerfallenden, dem gleichartigen Bindegewebe ähnlichen Gewebe mit eingestreuten Kernen» besteht und in
der Nähe der Ganglien um die Nervenröhren sich findet, nachweisbar mit den Scheiden der Ganglienzellen in Zusammenhans
; steht; noch eine andere Form derselben endlich mit netzförmig; verbundenen Fasern und Kernen an
den Theilungsstellen zeigt sich besonders im Grenzstrange, vielleicht auch an andern Orten.
In seinen weiteren Untersuchungen über die Nerven der Glandula submaxillaris des Hundes unterscheidet
Bidder *) in diesen Nerven drei Arten von Nervenfasern. Neben den breiten, im frischen Zustande dunkelrandigen und
doppeltcontourirten, in älteren, mit Carmin behandelten Präparaten von krümeligem und durchweg tingirtem Inhalt
erfüllten Nervenröhren, die neben ihrer Prirnitivscheide (Neurilemma) nur ausnahmsweise ein mit Kernen besetztes
Perineurium darbieten, treten auch die sogenannten Remakschen oder gelatinösen Nervenfasern auf. Es sind dies
plattrandige, von einfachen seitlichen Grenzlinien eingeschlossene, mit zahlreichen Kernen besetzte, einen ebenfalls
leicht tingirten, durchweg gleichmässigen Inhalt beherbergende, eines vorn Nervenmark scharf geschiedenen Axen-
cylinders scheinbar ganz ermangelnde Fäden, deren feingränulirtes Ansehen er für den Ausdruck einer sie umhüllenden
dünnen Lage von Nervenmark halten will. Endlich aber glaubt er noch eine dritte Art von Fasern, die
er früherhin ausnahmslos zum Bindegewebe rechnete, zum Theil wenigstens den wesentlichen Nervenelementen zuzählen
zu müssen. Es sind dies ausserordentlich feine, kaum messbare, bei mittlerer Vergrösserung als einfache
dunkle Linien auftretende, nur bei stärkeren Vergrösserungen von zwei Grenzlinien eingeschlossene Fäden, die in
ihrem gestreckten Verlaufe von Stelle zu Stelle mit ovalen, granulirten, durch Carmin ebenfalls stärker tingirten
Anschwellungen, sogenannten Kernen, versehen sind. »Zwar scheint es mir», sagt Bidder, »auch heute noch, dass
manche dieser Formen zum Bindegewebe gehören; andere indessen kann ich nicht anstehen als Nervenfäden, als
völlig nackte Axcncylinder anzuerkennen. Diesen Character glaube ich ihnen namentlich da vindiciren zu müssen,
wo sie von geradem Verlaufe sind und auch an den Kernstellen der Theilungen ermangeln».
Die marklosen peripherischen Nervenfasern sind nach Max Schultze 2) »Fasern, welche aus einem dickeren
oder dünneren Bündel von Nervenprimitivfibrillen nach Art der Axcncylinder bestehen und durch eine kernhaltige
Schwannsche Scheide zusammengehalten werden. Sämmtliche Verzweigungen des Nervus olfactorius in der Nasenschleimhaut
aller Wirbelthiere bestehen aus solchen marklosen Nervenfasern. Ferner kommen sie häufig im Sympathicus
vor, dessen Eingeweideäste sie oft allein zusammensetzen». Es sind dies die sog. Remakschen Fasern.
»Sind sie von dem festeren umgebenden Bindegewebe befreit, so lassen sie sich eben so leicht in ihre Fasern zerlegen
wie andere Nerven, was durch die Festigkeit der Schwannschen Scheide der Einzelfasern bedingt ist. Die
Dicke dieser marklosen Fasern variirt sehr bedeutend. Im Sympathicus gehen sie kaum über den Durchmesser
mitteldicker markhaltiger Fasern hinaus, aber im Olfactorius mancher Thiere finden sich Fasern mindestens von
der 3—4fachen Dicke der ansehnlichsten markhaltigen».
Bidder 3) stellte eingehendere Untersuchungen über die Nervi splanchnici und das Ganglion coeliacum bei
der Katze, bei dem Hunde und beim Kaninchen an. Von seinen Resultaten sei hier besonders Folgendes hervorgehoben
. Bei der Katze besteht der Brusttheil des Grenzstranges aus breiten und schmalen Primitivfasern in
anscheinend ziemlich gleichem Mengenverhältniss und in solcher Anordnung, dass sie einestheils regellos durch einander
gemischt, zum grössten Theil aber gruppenweise in Bündeln zusammengelagert erscheinen, und dass daher neben
Bündeln, die ausschliesslich aus schmalen Fasern bestehen, auch solche sich finden, in denen nur breite Elemente
1) Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. 1867.
2) Strickers Handbuch der Lehre von den Geweben. Bd. I. Wien 1868—1871.
3) Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. 1869.
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