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bespricht. Aber auch von ihrem Bau giebt er eine ausführliche Darstellung. Bei den Kapseln unterschied er ein
äusseres, ein mittleres und ein inneres System; jede Kapsel besteht auch nach ihm aus einer doppelten Lage, nämlich
aus Längen- und Querfasern, von denen letztere die äussere Schicht bilden; die Längenfasern enthalten viele Kerne.
Zwischen den Kapseln findet sich eine Flüssigkeit, aber dabei auch Intercapsularmembranen, welche nicht als besondere
, für sich bestehende Häute, sondern als Lamellen, Querfortsätze oder feine Theilungen der Kapseln anzusehen
sind und von einer Kapsel in die benachbarte übertreten; an den beiden Polen sind sie am zahlreichsten und stärksten.
Die Kapseln setzen sich geradezu und ohne Unterbrechung noch über die centrale Grenze des Körperchens fort,
bilden die äussere Schicht des Neurilems der Nervenfaser und können als einzelne röhrenförmige Lamellen oftmals
noch in ziemlicher Entfernung von dem Körperchen verfolgt werden. Sie verbinden sich, bei ihrer Entfernung vom
Körperchen, genauer unter einander-, so dass der Stiel zuletzt nur den gewöhnlichen Durchmesser der Nervenprimitiv-
faser besitzt, von welcher er dann nicht mehr unterschieden werden kann. Nach innen vom inneren Kapselsystem
beschreibt er noch ein Centraikapselsystem von 6—8 Kapseln; nach innen von denselben finde sich eine Centraihöhle,
in welcher der bandförmige Centrainerv liegt. Der Nerv ist von einem dünnen, hauchähnlichen Ueberzug dicht umschlossen
, welcher sich in dem unteren Theil als schmale Contour — als wirkliche Membran, welche Längs- und Querfasern
enthalten muss — erkennen lässt, nach dem peripherischen Ende abnimmt und sich zuletzt dem Auge entzieht.
Das äusserste Ende des Centralnerven ist von verschiedener Dicke, aber immer knopfartig oder kolbig, entweder
rundlich oder mit stumpfen Ecken versehen und höckerig. Oft aber theilt die Faser sich zuvor in zwei, drei oder
mehrere Aeste, welche gleichfalls knopfförmig enden, und dann ist das Ende der Centraikapsel erweitert. Das Kopfende
liegt frei in der die Centralkapsel erfüllenden Flüssigkeit und steht mit der benachbarten Kapselwand in keinem
Zusammenhang. Der Centrainerv ist daher nichts als eine Nervenfaser mit locker verbundenen Neurilemschichten.
Das Ligamentum intercapsulare ist ein zuweilen noch offener, zuweilen verwachsener und dann als ein ligamentöser
Streifen bestehender Canal, welcher aus der Entwicklung des Körperchens stammt; zu dem Ligament (dem Processus)
gehört ein Blutgefäss. Ein anderes arterielles Blutgefäss begleitet die Nervenfaser im Stiel bis zum Boden der innersten
Kapsel und giebt viele Aeste ab, welche mit dem centralen Gefäss anastomosiren. Auch an der Oberfläche
des Körperchens liegen zwei Blutgefässe, von welchen zahlreiche Aeste ins Körperchen eindringen. Von Saugadern
habe er stets an den Körpern des Katzenmesenterium an einer, oft an beiden Seiten ein ansehnliches Gefäss
liegen gesehen, von welchen eines nahe an den Stiel tritt und einen aus dem Körperchen entspringenden, neben
den Blutgefässen liegenden kleinen Saugaderzweig aufnimmt. Unter den Formabweichungen unterschied er die zusammengesetzten
, die verschmolzenen und die unvollständigen Körperchen und stellte unter denselben noch viele
andere Varietäten auf.
Bis jetzt waren die Pacinischen Körperchen nur bei den Säugethieren bekannt. In einigen folgenden Mittheilungen
beschrieb sie Herbst besonders in ihrer Verbreitung, auch bei den Vögeln. Ueber den Bau derselben
giebt er nur kurz an, dass sie aus einem äusseren, einem mittleren und einem inneren Kapselsystem bestehen, und
dass das Ende der Markfaser in der Centralkapsel knöpf- oder keulenförmig ist. Herbst, welcher in einer seiner
Mittheilungen die Pacinischen Körperchen als Organe der thierischen Electricität angesehen hatte, suchte später zu
beweisen, dass sie Tastorgane zur Aufnahme äusserer Eindrücke sind; so z. B. dienen diejenigen der Hand des Menschen
dazu, beim Angreifen und Festhalten härtlicher Gegenstände das Widerstandsvermögen derselben, und die des Fusses,
während des Gehens den Grad der Weichheit, Härte, Elasticität etc. des Bodens zu erkennen. Im Vogelschnabel sind
sie gleicherweise Tastorgane, in der Vogelzunge aber Organe zur Verschärfung der Geschmacksempfindung.
Dieser Fund der Körperchen bei den Vögeln wurde von Will 2) bestätigt und durch ausführliche Untersuchungen
erweitert. Betreffs des Baues fand er das von ihm sog. äussere durchsichtige, mehrgeschichtete Neurilem
in seinen einzelnen Schichten aus dicht gelagerten, wahrscheinlich kernhaltigen Zellen bestehen. Flüssigkeit findet
sich ebenso wenig in dieser Lage als im sog. inneren Neurilem (auch bei den Säugethieren leugnet er die Flüssigkeit
). Das innere Neurilem besteht aus geraden oder leicht gebogenen, in dichten Schichten um die sog. Centraihöhle
liegenden Fasern. Die sog. Centraihöhle besteht aus einer hellen durchsichtigen Masse, höchst wahrscheinlich
aus dicht an einander gelagerten Zellen. Der Nervenfaden wird bei seinem Eintritt in den centralen Cylinder fast
um die Hälfte dünner, scheint aber bis an sein Ende das Nervenmark zu behalten. Wie er endigt, konnte Will
J) Göttingische Gelehrte Anzeigen 1848. Bd. III. Stück. 162—164. — Nachrichten v. d. G. A. Universität u. d. Kön. Gesellsch.
d. Wiss. zu Göttingen 1849, 1850, 1851.
2) Sitzungsberichte der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien. 1850. Bd IV. <
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