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Faserlage eben der fibrillären Schicht dünner Bindegewebslamellen entspricht und jede ihre beiden Begrenzüngs-
häutchen in den beiden angrenzenden Kapselhäutehen besitzt. Wir haben dieser schwierigen Frage eingehendere
Studien gewidmet und sind, trotz der mehrfach vorkommenden zweideutigen oder gar widersprechenden Bilder und trotz
der in Folge dessen mehrmals von Neuem entstandenen Zweifel, immer doch zuletzt, nach wiederholten Untersuchungen,
zu demselben Resultat gelaugt. Schon bei der Untersuchung im frischen Zustande sieht man, wie erwähnt wurde,
Kerne in den glänzenden Kapsellinien liegen, ja sogar hie und da zwischen zwei Linien eingeschlossen; es scheint
als ob das betreffende Häutchen in zwei gespaltet sei, um die Kerne zu umschliessen, oder als ob diese zwischen
zwei Häutchen liegen; recht oft sieht man auch sonst in den Kapsellinien Streifen oder schmale Spalten, als ob
die Häutchen in zwei gespaltet seien, welche sich ein wenig trennen, um dann bald wieder scheinbar zu einem
einfachen Häutchen vereinigt zu werden. Dort, wo Balken durch die hellen Zwischenräume von einem äusseren
Kapselhäutchen zu einem inneren verlaufen und mithin jene an diesem befestigt sind, sieht man oft das eine Häutchen
trichterförmig zu dem anderen gezogen; man findet ferner, dass das trichterförmig eingezogene Häutchen von einem
anderen derartigen Häutchen, das in seiner Lage zurückbleibt, sich ablöst (Taf. XXVI Fig. 6, 7). Nicht selten
sieht man eben am eingezogenen Trichter einen Kern und nach aussen von demselben einen anderen am zurückgebliebenen
Häutchen. Alle diese Bilder sprechen nun im höchsten Qrade dafür, dass jede sogenannte Kapsel oder
Kapsellinie aus zwei Häutcheu zusammengesetzt sei, welche von einander sich trennen können, unter gewöhnlichen
Verhältnissen aber so innig zusammenliegen, dass sie aus einem einzigen zu bestehen scheinen, ganz wie es so oft bei
den Perineurallamellen der Fall ist, welche fast homogen erscheinen können, obwohl sie aus mehreren Lamellen
zusammengesetzt sind.
Bei Untersuchung des frischen Materials dürfte man indessen in dieser Hinsicht kaum vollständig ins Klare
kommen; wenigstens gelang es uns nicht auf diese Weise ganz überzeugende Bilder zu erhalten. Hier, wie so oft
sonst, war es die unschätzbare Ueberosmiumsäure, welche am wesentlichsten zur Lösung des Räthsels beigetragen
hat; auch die Erhärtung in Holzessig, sowie das Goldchlorid haben gute Dienste geleistet.
Wenn man zu dem frischen Präparate einen Tropfen Ueberosmiumsäureiösung (0.1—0.8 %) hinzusetzt, behält
das Bild lange seine ursprüngliche Beschaffenheit; es wird nur ein wenig dunkler und verliert etwas seine Klarheit,
die einzelnen Theile werden aber dadurch gut differenzirt. Wenn die Ueberosmiumsäureiösung sehr schwach ist,
entsteht auch hierbei eine Anzahl von Quellungserscheinungen. Im Allgemeinen erhält man indessen durch dieses
Verfahren Bilder, die den oben beschriebenen entsprechen. Wenn man hingegen die Ueberosmiumsäure ziemlich
stark auf die Körperchen einwirken lässt, ehe sie etwaigem Druck ausgesetzt werden, erhält man Bilder, welche
deutlich zeigen, dass die Kapselhäutchen nicht einfach sind. Hie und da haben zwar die Häutchen ihr einfaches
Aussehen wie an frischen Präparaten behalten, und dies bisweilen sogar in grosser Ausdehnung; oder sie zeigen auch
nur dieselben wenig bestimmten Andeutungen einer Spaltung, die oben beschrieben wurde; die Fasern verhalten
sich dabei auch in ganz derselben wechselnden Anordnungsweise (Taf. XXIV, XXV, XXVI). An anderen Stellen
dagegen, und merkwürdiger Weise in gewissen Körperchen mehr als in anderen, sogar, wie es uns scheint, bei
einigen Individuen mehr als bei anderen, sowie bei einem gewissen Stadium der Erhärtung erhält man die am meisten
entscheidenden Bilder, wie wir sie vielfach in den Taf. XXIV, XXV, XXVI wiedergegeben haben. Man sieht die glänzenden
Kapsellinien oder die bisher sogenannten Kapseln oft nach ihrer ganzen Länge in zwei getheilt, so dass mehr
oder weniger breite Spalten oder Zwischenräume in ihnen entstanden sind, welche je von einem dünnen Häutchen
begrenzt und von Fasern vollständig frei sind; oder, wenn man von einem transversalen faserhaltigen Zwischenraum
ausgeht, man findet, dass dieser Raum nach jeder Seite hin von einem besonderen Begrenzungshäutchen mit seinen
Kernen begrenzt wird. An jeder Aussenseite dieser Häutchen liegt eine durch die Spaltung der Kapsellinien entstandene
leere Spalte; dann kommt wieder eine neue Lage mit einem faserhaltigen Raum zwischen zwei Häutchen u. s. w.
Die Kerne scheinen nun von den Begrenzungshäutchen in diese Spalten der Kapsellinien hineinzuschiessen. Die
Fig. 2 der Taf. XXV, die Fig. 1 der Taf. XXVI, und Fig. 1 der Taf. XXIX zeigen, wie beim Aufhören dieser Spalten und
dem Aneinanderlegen der Häutchen scheinbar einfache Häutchen aus zwei zusammenliegenden entstehen. Man findet
also hier hauptsächlich dieselbe Bildung wieder, welche mehr oder weniger entwickelt in den perineuralen und
anderen dünnen Bindegewebshäutchen vorhanden ist, nämlich ein fibrilläres Stratum, das jederseits von einem äusserst
dünnen Häutchen begrenzt wird; jenes eigenthümliche Verhältniss findet indessen bei den Pacinischen Körperchen
statt, dass unter den Fibrillen zwischen den Begrenzungshäutchen regelmässig eine Flüssigkeit erscheint, welche in
grösserer oder geringerer Menge vorhanden ist, mehr oder weniger die Begrenzungshäutchen von einander ausspannt
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