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vorhanden als beim Menschen. In den Zwischenräumen, besonders am Stiel, rindet sich übrigens in der Regel ein
sich schlängelndes feines Blutgefäss. Ausserdem trifft man bei der Katze dieselben Arten von die Räume überspringenden
Brücken, die beim Menschen beschrieben wurden. Ihre Anzahl scheint bei der Katze nicht grosse]- zu
sein. In den Kapsellinien liegen die oben erwähnten spindelförmig sich zeigenden Kerne. Jene Linien erscheinen
aber nicht immer so einfach, wie man bei erster Betrachtung glauben könnte. Hie und da findet man nämlich an
ihnen kleine Spalten, welche sie gleichsam in zwei theilen. An anderen Stellen haben sie sich auf weitere Strecken
in diese zwei Linien getrennt, von welchen die innere dann feiner ist. Zwischen den beiden Linien liegen die
Kerne, gewöhnlich der äusseren anhaftend; zuweilen findet man aber auch Kerne der inneren Linie anliegend. Von
den Enden der Kerne geht hie und da je ein äusserst feiner Streifen aus, welcher sich bald der Linie anschmiegt.
Die Kerne lösen sich auch zuweilen mehr oder weniger ab und flottiren im Spaltenraum zwischen den Linien entweder
frei oder einer der letzteren durch den erwähnten Streifen anhängend. Im Ganzen scheint es uns mithin, als ob
man hier denselben Bau der Kapseln wiederfinde wie bei den Pacinischen Körperchen des Menschen. Wie bei
letzterem beschrieben ist, hat man unter einer »Kapsel» nicht das Häutchen zu verstehen, dessen optischen Längsdurchschnitt
die Kapsellinie darstellt, sondern eben den in seiner Flüssigkeit die Querfasern, enthaltenden Zwischenraum
zwischen den Kapsellinien, und dieser Raum ist jederseits von einer dünnen, mit Kernen besetzten Häutchenlamelle
begrenzt. Jede Kapsel ist durch einen faserfreien Spaltenraum von der benachbarten getrennt; diese Spaltenräume
enthalten im natürlichen Zustande keine Flüssigkeit, weswegen die Kapseln so eng an einander liegen, dass die Be-
grenzungshäutchen von je zwei im Allgemeinen scheinbar als eine einzige Linie, die Kapsellinie, sich zeigen. Die
von den Kernen ausgehenden feinen Streifen sind, wie beim Menschen, die optischen Durchschnitte dünner Protoplasmaausbreitungen
, welche rings um die Kerne sich finden und den die Kapseln bekleidenden Häutchenzellen angehören
. Durch Versilberung ruft man auch hier in Form der bekannten schönen Mosaik polygonaler B'elder die
Grenzen dieser Häutchenzellen hervor. Von der Fläche gesehen, zeigen sich die Kerne im Allgemeinen rundlich-oval,
obwohl auch unregelmässigere Formen unter ihnen vorkommen. Diese platten ovalen Kerne liegen meistenteils
mit ihrem Längsdurchmesser quer oder auch schief gegen die Axe des Körperchens.
Durch Essigsäure (z. B. v. 3 °/°) und Goldchlorid, besonders das letztere (Fig. 2), bekommt man mit den eben
beschriebenen ganz übereinstimmende Bilder.
Die hier gegebene Darstellung vom Bau der Kapseln stimmt also mit unserer Auffassung von dem beim
Menschen überein. In der That ist ihre Erforschung besonders grossen Schwierigkeiten unterworfen, und zweifelhafte
Bilder kommen nicht selten vor. Indessen gelang es uns nach mehrmals von Neuem aufgenommenen Untersuchungen
auch hier zur Ueberzeugung von der Richtigkeit der gegebenen Schilderung zu kommen. Besonders
rnuss hervorgehoben werden, dass die Goldchloridpräparate in dieser Hinsicht sehr erläuternd und beweisend waren;
bei diesen Präparaten trennen sich die beiden aneinanderliegenden Häutchen sehr leicht und rein von einander.
Am Stiel legen sich nun die soeben beschriebenen Kapseln, von innen her gerechnet, allmählig der eintretenden
Nervenfaser an (Fig. 1); dabei verschmälern sie sich entweder allmählig oder schnell, indem sie die Flüssigkeit abgeben
und in eine dünne Lamelle übergehen, welche clirect zur perineuralen Lamelle der Nervenfaser wird. Wie beim Menschen
kommen auch hier solche im optischen Durchschnitt rosenkranzähnlich erscheinende Erweiterungen vor. Die mittleren
und äusseren Kapseln legen sich also auch nach und nach dem Stiel an und gehen in perineurale Lamellen über.
Am Gipfel biegen sich die innersten Kapseln in weiten Curven um das Ende des Innenkolbens herum, und dann
leo^cn sich die mittleren und äusseren in derselben Weise jenen an. In der Mittellinie haften sie gewöhnlich an ein-
ander; zuweilen sieht man aber auch einen schmalen fibrillären Strang, eine Art von rudimentärem Interkapsularligament,
eine Strecke weit nach aussen die Kapseln durchbohren und verbinden; zu den äusseren gelangt schwindet er ganz.
Der Innenkolben beginnt mit allmähliger Zuspitzung rings um die Nervenfaser, erweitert sich dann ziemlich
schnell und läuft als ein mehr oder weniger cylindrischer Strang nach dem Gipfel des Körperchens hin. Bei der
Katze konnten wir nicht wie beim Menschen den Inncnkolbcn als eine bestimmte Fortsetzung einer Fibrillen scheide
darlegen* letztere schien uns entweder ganz zu fehlen oder wenigstens sehr schwach entwickelt zu sein. Er erscheint
bei erster Betrachtung im Allgemeinen ziemlich homogen oder nur schwach feinkörnig; wenn man aber genauer
zusieht, findet man oft, sowohl an Ueberosmiumsäure- als an Essigsäure-Präparaten, eine mehr oder weniger deutliche
Streifung dicht gedrängter, paralleler, längsgehender Linien, welche als eine Fortsetzung der innersten Kapsellinion
erscheinen. Am optischen Querdurchschnitt sieht man dann eine schwache concentrische Streifung. Es scheint
Key und Retzitjs. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 51
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