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Die Endkolben in der Conjunctiva des Menschen.
(Taf. XXXIV Fig. 1—12).
Die Endkolben der menschlichen Conjunctiva lassen sich in derselben Weise auffinden wie die des Kalbes.
Man zerlege die Conjunctiva bulbi in zwei oder drei Sectoren und trage diese vom Cornealrande her ab, spanne sie
dann, mit der Epithelschicht nach oben gerichtet, durch Nadeln aus und präparire sorgfältig die alleroberste Schicht
ab. Je dünner man diese Schicht erhält, desto schärfer lässt sich der Bau der Endkolben studiren. Wenn man
diese Präparation in Humor aqueus ausgeführt hat, kann man, wie beim Kalbe beschrieben wurde, in dem ausgespannten
Conjunctivalstück in unerhärtetem Zustande die Nervenäste verfolgen und die hie und da an ihnen sitzenden
Endkolben als helle rundliche Körperchen erkennen, deren Substanz oft von markhaltigen Faserschlingen durchzogen
ist. Den Bau der Endkolben konnten wir aber in solchem Zustande nicht eingehender erforschen. Wenn man aber
statt des Humor aqueus eine Ueberosmiumsäurelösung (von 0.2—0.3 %) als Präparationsflüssigkeit anwendet, wird
die abgetragene dünne Conjunctivalschicht in ausgespanntem Zustande erhärtet und lässt sich dann sehr schön in
Bealschem Carmin färben. Bei der Untersuchung mit dem Mikroskop lassen sich dann die Nervenäste bis zu ihren
Endverzweigungen vortrefflich verfolgen und die Endkolben ohne jede Schwierigkeit auffinden. Dies geschieht indessen
am besten nach einer vorsichtigen Abpinselung des Epithels; die äussere Schicht des letzteren, welche aus
verschieden gestalteten Cylinderzellen und zwischen ihnen oft in sehr grosser Menge stehenden Becherzellen besteht,
fällt leicht ab. Die innere Schicht aber, deren Zellen im Ganzen abgeplattet und polygonal erscheinen, in der That
aber eine sehr verschiedene, bald kürzere bald länglich ausgezogene Form haben und durch eigenthümliche, verzweigte
Füsse der äussersten Bindegewebsschicht der Conjunctiva ansitzen, haftet inniger dieser letzteren an; durch
vorsichtige Abpinselung lässt sich aber auch diese Zellenschicht entfernen, und dann liegen die Endkolben entblösst
an der Oberfläche des Präparats und lassen sich sehr schön studiren. Wir haben dieselben in dieser Weise sowohl
an ganz frischem Material, an den Augen eines Enthaupteten, wie bei verschiedenen Leichen innerhalb des ersten
Tages (8 bis 24 Stunden) nach dem Tode untersucht. Im Ganzen konnten wir aber keinen eigentlichen Unterschied
im Bau der fraglichen Gebilde bei diesem verschieden frischen Material finden, so dass es scheint, als ob sie sich
besser erhalten, als man glauben könnte. Die Endkolben des Menschen sind meistentheils in der Nähe des Corneal-
randes, innerhalb einer Entfernung von etwa fünf Mm. von jenem, zu finden; hie und da trifft man sie aber auch
in weiterem Abstände von ihm. Im Ganzen genommen hat man sie natürlicher Weise nur in den Bezirken zu suchen,
wo die Nervenäste von markhaltigen Nervenfasern sich verbreiten; in Folge dessen giebt es nicht unbedeutende
Gebiete, wo keine Kolben zu finden sind. Sie liegen oft gruppenweise, so dass man nach Auffinden eines Endkolbens
gewöhnlich bald mehrere in der Umgebung desselben nachweisen kann.
Wenn wir jetzt zur Beschreibung des feineren Baues der Endkolben übergehen, muss von vornherein berücksichtigt
werden, dass dieselben sowohl bezüglich der Grösse als der Gestalt und der Zusammensetzung viele
Variationen darbieten, so dass man keine für alle ganz genau geltende Schilderung geben kann. Es scheint uns am
geeignetsten, von den einfacheren Formen auszugehen, weil bei ihnen der Bau leichter sich beobachten lässt. Eine
solche Form stellen die von uns häufig angetroffenen, kleinen, rundlichen oder ovalen Endkolben dar (Taf. XXXIV
Fig. 1, 2). Man erkennt an ihnen eine Hülle, einen Inhalt und eine zutretende Nervenfaser. Die Hülle oder Kapsel
ist eine sehr dünne, homogene, unstructurirte Haut, in welcher einzelne, bald nur ein, bald ein Paar oder einige,
ovale, abgeplattete Kerne liegen. Es erweist sich diese Hülle bei den kleinen Endkolben nur als eine einzige
Schicht. Sie geht beim Eintritt des Nerven unmittelbar in die Perineuralscheide des letzteren über oder ist vielmehr
die directe Fortsetzung derselben. Hie und da trifft man aber auch bei den kleineren Endkolben eine
doppelschichtige Hülle, und dann ist auch das Perineurium des Nerven aus zwei Lamellen gebildet. Innerhalb der
Hülle, in der Regel dieselbe ausfüllend und nur seltener von ihr durch einen schmalen Zwischenraum abgetrennt,
findet sich der Inhalt des Endkolbens. Bei den fraglichen einfachen Formen zeigt sich nach der Erhärtung in
Ueberosmiumsäure der Inhalt als eine gelblich glänzende Masse, welche aus einer mehr homogenen Grundsubstanz
und in sie eingebetteten, ziemlich zahlreichen, stärker lichtbrechenden Körnchen von etwas verschiedener Grösse zu-
Key und RetziüS. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 55
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