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treffen der beiden Körper tritt lebhafte Gelbfärbung ein. Das
Reaktionsprodukt wurde auf Thonteller gebracht und mehrmals
mit Aether gewaschen. Die Färbung bleibt konstant gelbgrün.
Der Ester schmilzt bei 76 — 77° unter lebhafter Gasentwicklung.
Auch nach wiederholtem Behandeln mit Benzol und Aceton blieb
dieser Schmelzpunkt unverändert; der Körper ist demnach als
homogen zu betrachten. Dieser Carbanilsäureester ist ausserordentlich
labiler Natur. Er löst sich in 95 °/0 Alkohol, in
Aceton allmählich auf, in Essigester, Benzol erst beim Erwärmen;
hiebei tritt schon bei geringer Temperaturerhöhung ein plötzlicher
Umschlag der gelbgrünen Färbung in weiss ein unter
Lösung; beim Verdunsten hinterbleibt ein dicker Syrup, der auch
nach mehrtägigem Stehen über Schwefelsäure nicht fest wurde.
Aus keinem Lösungsmittel konnte der Ester unverändert wiedererhalten
werden. Diese Unbeständigkeit, die sofortige Zersetzung
beim Schmelzen sind Eigenschaften, die, ebenso wie
der niedere Schmelzpunkt, nur ß Verbindungen zukommen;
demnach gehört auch das Oxim dieser Klasse an. Ein L'm-
lagerungsversuch, von dieser Syn- zur Antiverbindung zu gelangen
, führte zu Zersetzungsprodukten. Das Oxim wurde
nämlich in entwässertem Aceton gelöst und sehr wenig gasförmige
Salzsäure1) eingeleitet. Nach mehrstündigem Stehen
war die Lösung braun geworden, eine krystallisierte Verbindung
konnte daraus nicht mehr erhalten werden. Eine
Ueberschmelzung führte ebenfalls zu negativem Resultate. In
der Capillare verflüssigt, nach dem Erstarren wieder geschmolzen
zeigte das Produkt keinerlei Veränderung; ein länger
andauerndes Ueberschmelzen ruft völlige Zersetzung hervor.
Zum Antialdoxim zu kommen war damnach nicht möglich
gewesen. Es scheint nur das Synaldoxim existenzfähig zu
sein. Dieses Verhalten fände vielleicht Ausdruck in der Annahme
, dass die Anziehung des Aldehydwasserstoffs zum
1) Ber. 23. 2166.
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