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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_02/0006
1957 und 1962 feierte der Landtag von Baden-
Württemberg das 500-jährige Bestehen der alt-
württembergischen Landstände und das 450-
jährige Jubiläum des Tübinger Vertrags. Beide
wurden als Vorläufer demokratischer Verfassungen
dargestellt, einzigartig und beispielhaft für
das ganze damalige Reich. Mit dieser Herausstellung
wurde man aber den politischen Verhältnissen
in den österreichischen Vorlanden keineswegs
gerecht. Diese Gebiete, die größer als
Alt-Württemberg waren, hatten nämlich schon
vor diesem vordemokratische Einrichtungen, so
den Landtag in Ehingen für Schwäbisch-Öster-
reich. Dank seiner Zusammensetzung, seinem
Aufbau und Wirkungskreis erfreuten sich die
Vorlande weit freierer Rechte als Altwürttemberg
. Grundverschieden von Württemberg war
die ständische Repräsentation zu Ehingen. In
Ehingen wurde nämlich, wie auch in Innsbruck
und (ab 1752) in Freiburg, Regierung und
Verwaltung von auf Universitäten fachmännisch
geschulten Beamten ausgeübt. Mit dem altwürt-
tembergischen „Schreiberstaat" läßt sich dies
nicht vergleichen. In Stuttgart hatten die Städte
nicht einmal einen ständigen Ausschuß, denn
Adel und Prälaten regierten allein; die Vertreter
der 60 (ab 1780: 62) Herrschaften Schwäbischösterreichs
aber waren zumeist Bauern, Bürger
und Handwerker, die von den Untertanen gewählt
wurden und an kein Mandat des Lehensinhabers
gebunden waren.

Schwäbisch-Österreich, das vom Lech im Osten
(Markgrafschaft Burgau) bis zum Schwarzwald
im Westen (Schramberg) reichte, nahm an Bedeutung
und Leistungsfähigkeit unter den Vorlanden
, zu denen noch der Breisgau, das Elsaß
und Vorarlberg gehörten, die erste Stelle ein.
Die Landstände gehen auf das Spätmittelalter
zurück, wo den Fürsten ihre Einnahmen aus den
Domänen und Regalien nicht mehr ausreichten.
Sie beriefen deshalb die angesehensten Untertanen
, damals noch Adel, Prälaten und die Reichsten
der Bürgerschaft, ein, um von ihnen neue
Einnahmen und Steuern bewilligen zu lassen.
Daß sich die Fürsten die Steuern von den Ständen
bewilligen ließen, hatte seinen Grund in
einer nüchternen fiskalischen Überlegung. Das
komplizierte Steuersystem, das sich auf die
nutzbringenden Gegenstände und ihren Reinertrag
erstreckte, erforderte in erster Linie genaue
Ortskenntnisse und deshalb eine Aussprache
mit denen, die die Verhältnisse genau kannten
. Zum Steuereinzug in den einzelnen Herrschaften
brauchte man dann keine Beamten,
denn die Untertanen erfüllten diese Aufgabe in
eigener Regie und Rechnung.

Das Plenum der Landschaft Schwäbisch-Öster-
reichs bestand aus den Abgeordneten der 60
bzw. 62 Herrschaften, die nach einer 1733 eingeführten
Rangordnung eingeteilt waren. Sie
begann mit den vier Direktorialstädten Ehingen,
Rottenburg, Radolfzell und Munderkingen, der
Landgrafschaft Nellenburg (um Stockach), der
Landvogtei Schwaben (zwischen Ravensburg
und Leutkirch), den Grafschaften Kirchberg
und Weißenhorri, sowie den Städten Riedlingen,
Saulgau, Waldsee und Mengen. An 26. Stelle
stand die Herrschaft Schramberg, noch weit vor
Nieder- und Oberhohenberg. Eine Reihe von
Klosterherrschaften war ebenfalls inbegriffen,
wie Heiligkreuztal, Wald, Waldsee, Urspring
und Wiblingen. Die oberschwäbischen Reichsstädte
und die reichsunmittelbaren Klöster gehörten
natürlich nicht dazu.

Die meisten Abgeordneten waren, wie schon
erwähnt, vom Volk gewählt. Die adeligen Herrschaften
schickten meistens die von der Bürgerschaft
gewählten Schultheißen, in Schramberg
ein oder zwei Stabsvögte (vorzugsweise den
Talvogt von Schramberg), die Städte ihren Bürgermeister
, die landsässigen Klöster ihre Beamten
. So setzte sich der Ehinger Landtag nur aus
Bürgerlichen zusammen. Österreichische Beamte
hatten hier keinen Platz und kein Stimmrecht
.

In Ehingen besorgten das Direktorium und der
Ausschuß die laufenden Arbeiten. Dieser Ausschuß
bestand aus einem Oberdirektor, den vier
Vertretern der vier Direktorialstädte, einem aus
der Reihe der Städte (zuletzt von Mengen) und
drei von den übrigen Landschaften (zuletzt von
Warthausen, Kirchberg und von Schramberg!).
Das Direktorium hatte einen Syndikus, der dem
württembergischen Landschaftskonsulenten
entsprach, zwei Kanzlisten, einen Kassierer und
einen Buchhalter. Diese Beamten wurden von
der Landschaft auf Lebenszeit angestellt und
auch bezahlt. Direktorium und Ausschuß tagten
je nach Bedarf mehrmals im Jahr als sogenannte
„Ordinarideputation". Sie hatten die zu zahlenden
Steuern auf die einzelnen Stände zu errechnen
, Eingaben und Berichte zu machen, Schrift-

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