http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_02/0007
Wechsel, Prozesse, Beschwerden und alle anderen
dringenden Arbeiten zu erledigen und auch
die Vollsitzungen (Plenum) vorzubereiten. Vollsitzungen
fanden aber nur in den dringendsten
Fällen statt, weil nur bei diesen kaiserliche
Kommissare anwesend sein durften, was möglichst
verhindert werden sollte.
Der Wirkungskreis des Ehinger Landtags umfaßte
außer der Steuerbewilligung, dem wichtigsten
Recht, auch Teile der Gesetzgebung, die
Militär- und Landesverfassung. Später kamen
auch Angelegenheiten der Wohlfahrt, der
Brandversicherung, die Salzregie und die Unterhaltung
des vorderösterreichischen Zuchthauses
Buchloe dazu. Keinesfalls sagten die Landstände
zu den von Innsbruck bzw. Wien vorgeschlagenen
Steuern vorbehaltlos ja, und die
Kommissare mußten am Ende froh sein, wenn
ihnen nicht allzuviel abgehandelt worden war.
Ein großer Fortschritt war die Steuerreform der
Kaiserin Maria Theresia. Bis zu dieser Zeit hatten
nur die Untertanen die sogenannte Rustikalsteuer
gezahlt. Jetzt wurden auch der steuerfreie
Adel und die Reichsprälaten zur „Domini-
kaisteuer" herangezogen, um „die gottgefällige
Gleichheit in Steuersachen" zu erreichen und
die Bauern und kleinen Leute zu entlasten. In
Schramberg hatten jetzt auch der Graf, die Heiligenfabrik
(gemeinsame Kirchenstiftung) und
die Geistlichen beim Schatzungseinzug ihren
entsprechenden Beitrag zu leisten. In Schwä-
bisch-Österreich hatten die Untertanen jetzt
nur noch 63 v.H., in Schramberg sogar nur 60
v.H., zu zahlen. Im Kriegsjahr 1799 zahlten die
„Herren" 992 fl, die Untertanen 1488 fl an die
Landschaftskasse in Ehingen.
Trotz allem hatte auch der Ehinger Landtag
Grund genug, wachsam zu bleiben, um seine
Rechte zu wahren. Eine Zeitlang stand er unter
der Kontrolle kaiserlicher Kommissare, die aber
1765 wieder weichen mußten. Der letzte hohenbergische
Landvogt, Johann Baptist Graf von
Bentzel zu Sternau und Hohenau, ein vor allem
wegen seiner arroganten Beschwerdeberichte
überaus unbeliebter Beamter, bezeichnete es
1803, in einer Zeit, in der in Frankreich sich
längst die revolutionären Ideen durchgesetzt
hatten, als schmählich, daß die Stände, d.h. die
Untertanen, bei Staatsangelegenheiten mitwirkten
und so des Monarchen Herrschergewalt
beschränkten. In den beleidigendsten Ausdrük-
ken verlangte er eine Beseitigung des „verjährten
Unfugs der ständischen Prellereien" und
eine Aufhebung des Ehinger Landtags. Der Landtag
antwortete ihm darauf überaus scharf, und
auch die vorderösterreichische Regierung bedeutete
ihm, daß seine Vorschläge undurchführbar
seien und man in Zukunft keine derartigen
Reformanträge mehr von ihm erwarte.
Das Ständehaus steht heute noch in Ehingen; es
ist jetzt der Sitz des Amtsgerichts. Dort hatte
auch der Ritterkanton Donau (die Reichsritterschaft
hatte im Landtag keine Vertretung, die
Prälaten aber hatten im Reichsprälatenkollegium
des Schwäbischen Kreises ihr eigenes Direktorium
!) seine Kanzlei im sogenannten „Ritterhaus
", dem späteren Landratsamt. Zusammenfassend
kann gesagt werden, daß Ehingen
wie auch Stuttgart keine Verfassungen im modernen
Sinn hatten, es waren jedoch Verträge
zwischen Fürsten und Ständen. Sie können aber
als Vorparlamente angesprochen werden, deren
Hauptgrundsatz war, daß die Steuern von demjenigen
Stand bewilligt werden mußten, der sie
zu entrichten hatte.
Das Ritterhaus in Ehingen, Sitz des Ritterkantons
Donau (jetzt Landratsamt-Außenstelle)
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_02/0007