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Ofen mit Gärtnerjungen
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Stellungen einer Figur mit der Überschrift „Diligentia
" (d.h. die Sorgfalt) gefunden, ferner eine
Gestalt, die sich an ein faßähnliches Gebilde
lehnt, sowie eine weibliche Gestalt mit einem
mittelalterlichen Brettspiel in der Hand, das als
Back Gammon heute wieder bekannt geworden
ist; zu ihren Füßen liegen Bälle im Gras und das
Bild ist überschrieben mit „Socordia" (d.h. die
Sorglosigkeit, Nachlässigkeit). Alle drei Gestalten
sind mit einfachen, meist recht knapp bemessenen
Gewändern bekleidet und stehen barfüßig
im Gras.
Zu dieser Kachelgruppe gehört ein mit reichen
Pflanzenornamenten verzierter Bogenrahmen,
der rekonstruiert werden konnte. Die Ecken des
Unterbaus wurden aus kleinen Kacheln gebildet
, die nur mit Diamantquaderung verziert
sind. Der hintere Teil des Unterbaus, d.h. der
Wandabschluß, wurde vermutlich aus einfachen
Kacheln gebildet, wie z. B. einer Flachkachel mit
Quadraten und Schuppenmuster oder Ornamentkacheln
, da solche auch bei diesem Scherbenhaufen
gefunden wurden. Ober- und Unterkante
waren wiederum mit Wellenfrieskacheln
abgeschrägt.
Der sechseckige Oberbau bestand aus Flachkacheln
, die etwas kleiner sind als die des Unterbaus
. Sie zeigen Motive wie den schon erwähnten
Gärtner jungen oder einen Jäger mit Stiefeln
und Sporen sowie Federhut; auch diese Kacheln
hatten einen reich geschmückten Bogenrahmen
. Die Ecken wurden aus kleinen 120-Grad-
Kacheln gebildet, die zum Teil ein aus Pflanzen
wachsendes Kind, zum Teil Diamantquaderung
zeigen. Blätterfrieskacheln bildeten am Oberbau
die überstehende Kante, auf der noch die
Krönungskacheln standen. Diese zeigen teilweise
große Greifvögel, teilweise Putten und kannelierte
Säulen, manche Kacheln sind durchbrochen
, manche geschlossen. Zur Fugenabdek-
kung steckten zwischen den einzelnen Flachkacheln
Wulststege. Der Ofen war grün glasiert.
Allerlei sonstige Flach- und Eckkacheln wurden
bei dieser Gruppe noch gefunden, allerdings ist
nicht immer sicher, ob sie zu diesem Ofen
gehörten; sie deuten vielleicht nur die Vielfalt
im Aufbau dieses Ofens an.
Im folgenden werden nun einzelne Kachelgruppen
oder Kachelstücke beschrieben, die
wohl keine Rekonstruktion eines ganzen Ofens
ermöglichen; wenn aber die Zahl der Kacheln
einen eigenen Ofen andeutet, soll dies erwähnt
werden:
9. Im Pallas fanden wir eine größere Menge
sogenannter Butzenkacheln, 16,5 X 16,5 cm,
das sind quadratische Flachkacheln, die lediglich
eine abgeflachte Halbkugel zeigen, die von
mehreren Stabringen umgeben ist. Diese Gruppe
enthielt normale Quadratkacheln, schmale
Kacheln und Eckkacheln als Kombination beider
. An einem Fundort waren die Kacheln alle
unglasiert, allerdings fanden wir an anderer
Stelle auch welche, die rot oder grün glasiert
waren; die unglasierten deuten wohl auf eine
Kachelwerkstatt auf der Burg hin (siehe
unten!).
10. Viele, wenn auch schäbig kleine Bruchstük-
ke einer Kachelart, die auffallend dunkelgrün
glasiert mit Metallglanz waren, deuten einen
eigenen Ofen an; wir fanden davon Flachkacheln
, schmale Kacheln, Eck-, Fries- und Krönungskacheln
. Die Flachkacheln sind so
schlecht erhalten, daß man kaum etwas darüber
sagen kann, an einem Stück sind ein paar Buchstaben
zu lesen, aber zu wenig für ganze Wörter.
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