Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_02/0051
Robert Ditter:

GOETHE KAM NUR BIS W.

EIN BEITRAG ZUM GOETHE-JAHR

Goethe kam nur bis Wellendingen, am 16. September
1797 nämlich. Er war auf seinem Weg in
die Schweiz frühmorgens um 4 Uhr in Tübingen
aufgebrochen. Sein Weg führte ihn auf der alten
Poststraße über Hechingen, Balingen und
Schömberg nach Wellendingen und von dort
nach einer kurzen Rast weiter nach Tuttlingen,
wo er übernachtete und anderntags nach Schaffhausen
weiterreiste. Auch auf den beiden vorangegangenen
Schweizer Reisen hatte Goethe
Schramberg sozusagen weiträumig umfahren,
weil der Ort völlig abseits der Hauptverkehrswege
nach dem Süden lag. Die Ignorierung
Schrambergs durch Goethe war daher auch
nicht der Grund, warum man dem „Dichterfürsten
" in Schramberg stets nur wenig Reverenz
erwies. In Schwäbischen Landen - und dazu
gehörte Schramberg seit 1806 - war man mehr
dem Landsmann Schiller zugetan, dessen Gedichte
und Dramen man von Kindsbeinen an
kannte. Dazu kam, daß durch die Familie Junghans
das dichterische Erbe Schillers in Schramberg
besonders gepflegt wurde. So wird berichtet
, daß Kommerzienrat Erhard Junghans im
Jubiläumsjahr 1905, dem Jahr der hundertsten
Wiederkehr von Schillers Tod, nicht nur eine
„würdige Feier" zu Ehren „unseres Dichterfürsten
" (!) anregte und förderte, sondern bei der
Festaufführung des „Wilhelm Teil" sogar selbst
die Titelrolle spielte.

Dennoch ist Goethe in Schramberg ein Denkmal
erwachsen, und zwar im wörtlichen Sinne.
Als nämlich Kommerzienrat Erhard Junghans
1885/86 seine Villa, das heutige Parkhotel, erstellte
und darum herum einen Park anlegte,
ließ er neben manchen anderen exotischen
Bäumen auch einen Gingko-Baum (lat. Gingko
biloba) pflanzen. Dieser Baum, der sich im Laufe
der Zeit prächtig entwickelt hat, ist eigentlich in
zweifacher Hinsicht ein Denkmal, nämlich ein
natur- und ein literaturgeschichtliches.
So wie man in der Geologie von Zeugenbergen
spricht, weil sie von der ursprünglichen Gestalt
der Erdoberfläche „zeugen", so könnte man den
Gingko biloba mit Fug und Recht einen „Zeu-

Der Gingko-Baum im Stadtpark

genbaum" nennen, denn er ist als der einzige
seiner Art aus dem frühen Erdmittelalter (vor
ca. 230 Millionen Jahren) auf uns gekommen. In
der Entstehung der Pflanzenwelt ist der nacktsamige
Gingko mit seinen merkwürdigen Blättern
wohl ein Bindeglied zwischen den entwicklungsgeschichtlich
älteren Nadelhölzern und
den jüngeren Laubbäumen. Diese Vermutung
wird noch verstärkt, wenn man ein Gingko-Blatt
betrachtet: Es erscheint offensichtlich, daß sich
hier ursprüngliche Nadeln im Laufe von Jahrmillionen
durch Zusammenwachsen zu einem Blatt
herausgebildet haben. Noch auffallender ist der
tiefe Spalt in der Mitte des oberen Randes, der
das Blatt in zwei ziemlich gleiche Hälften teilt.
Sein Name deutet schon darauf hin, daß der
Gingko-Baum (chines. Kinko, japan. Ginkyo) in
Ostasien beheimatet ist. Das Attribut „biloba"
(v. lat. lobus = Hülse) verweist lediglich auf die
zweiteilige Samenschale. In China und Japan
wurde er von alters her in Tempel- und Klosteranlagen
angepflanzt. 1754 wurde der Baum von

51


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_02/0051