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Eberhard Marte:
RESTAURIERUNG UND WIEDERAUFBAU
DER ARTHUR JUNGHANS'SCHEN KÜNSTUHR
IM STADTMUSEUM SCHRAMBERG
Entstehung und Geschichte der Kunstuhr
Die im Laufe der letzten Monate im Stadtmuseum
Schramberg wiederaufgebaute Kunstuhr
wurde im Auftrag von Kommerzienrat Arthur
Junghans (1852-1920) in drei Jahren, von 1896
bis 1899, gebaut. Sie war für die Weltausstellung
in Paris im Jahre 1900 vorgesehen, wo sie
eine Goldmedaille („Grand Prix") erzielte. Die
mit einem Aufwand von ungefähr 50 000 Goldmark
geschaffene Kunstuhr war im wesentlichen
die Schöpfung des Nürnberger Hofuhrmachers
Gustav Speckart. Clemens Kessler leistete
ihm mit dem Entwurf der Architektur
künstlerische Hilfe Heinrich Blab, der während
der Ausführung der Uhr am 15. Oktober 1899
starb, sowie Valentin Oeckler schufen die Bildhauerarbeiten
. Die als vorzüglich bezeichneten
Lasuren führten die Dekorationsmaler Dewald
und Storch aus. Die Schreinerarbeiten fertigten
in gediegener Weise Johann Rienecker mit seinem
, Hilfsmeister Leonhard Graefensteiner. Die
Figuren der acht auf einem Karussell angeordneten
Bühnenbilder wurden von Oberammergauer
„Herrgottsschnitzern" geschaffen.
Auf der Rückreise von der Pariser Weltausstellung
kam die Kunstuhr für kurze Zeit nach
Stuttgart, wo sie im Königsbau zu sehen war.
Zusammen mit Teilen des „Deutschen Museums
für Zeitmeßkunst" wurde sie dort auch vom
König und der Königin von Württemberg und
von dem Prinzen Bernhard von Sachsen bewundert
(1901). Im Jahre 1903 soll dann die Kunstuhr
dem Deutschen Museum für Zeitmeßkunst
in Schramberg einverleibt worden sein. Dieses
Museum wurde 1898 in Schramberg von Kommerzienrat
Arthur Junghans geschaffen, nachdem
Erhard Junghans die Speckhart'sche und
größere Teile der Marfels'schen Sammlung erworben
hatte. Diese Sammlung wird in dem
Werk „Die Geschichte der Zeitmeßkunst" von
Claudius Saunier, ins Deutsche übersetzt von
Gustav Speckart, Hofuhrmacher zu Nürnberg,
also dem Schöpfer der Arthur Junghans'schen-
Kunstuhr, beschrieben.
Im gleichen Werk wird eine weitere Kunstuhr
sehr eingehend beschrieben, die ebenfalls von
Gustav Speckart in Nürnberg erdacht und gebaut
wurde. Sie kann als die Vorläuferin der
Schramberger Uhr betrachtet werden, da sie mit
ihr viel Ähnlichkeit hatte. Diese erste Kunstuhr
wurde im Auftrag des Berliner Kaufmanns Carl
Marfels erbaut und nach der Vollendung 1893
auf der Weltausstellung in Chicago gezeigt.
Nachdem diese Uhr auch auf der Gewerbe-
Ausstellung in Berlin zu sehen war, wurde sie
1897 in Arnheim, Holland, auf einer Ausstellung
gezeigt, wo sie bei einem Schadenfeuer
verbrannte.
Die jetzt in Schramberg zu bewundernde Kunstuhr
kam nach Aufenthalten in Stuttgart und
München um das Jahr 1934 wieder nach
Schramberg zurück und wurde in der evangelischen
Stadtkirche aufgestellt. Dort war sie jahrelang
zu sehen, bis sie aus Gründen der Kirchenrenovation
im November 1966 abgebaut werden
mußte. Eine vorläufige Bleibe fand die Uhr
in der Eingangshalle des damaligen Junghans-
Krankenhauses („Gut Berneck"), wo sie bis zum
Frühjahr 1974 stand. Nachdem auch dort Um-
bauarbeiten vorgenommen werden mußten,
wurde die Kunstuhr zwischen dem 19. März
und dem 9. April 1974 von den Technikern
Alfons Lamprecht, Rudolf Bauer und anderen in
Kisten verpackt und in das der Stadt gehörende
Haus Tiersteinstraße 22 verbracht. Dort sollte
sie bleiben, bis im Schloß im Rahmen eines
Museums geeignete Räume für die vollständige
Aufstellung der Uhr zur Verfügung stünden.
Sowohl in der evangelischen Stadtkirche als
auch im Junghans-Krankenhaus war die Uhr
nicht in ihrer vollen Höhe aufgestellt, weil die
Raumhöhe in beiden Fällen nicht ausreichte,
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