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um die 4,85 m hohe Uhr aufzunehmen. So mußte
man auf die Aufstellung der drei obersten
Figuren verzichten, so daß die Uhr mit der
Bedachung der Schlagglocke endete.
Im Gegensatz zur Aufstellung der Uhr in der
evangelischen Stadtkirche war die Kunstuhr im
Gut Berneck nicht funktionsfähig. Die Fachleute
waren der Meinung, daß man eine Ingangsetzung
der Uhr erst dann vornehmen sollte, wenn
sie ihren endgültigen Aufstellungsort in einem
Schramberger Museum gefunden habe.
Beschreibung der Kunstuhr
Da sicher viele Leser die Kunstuhr in ihren
Darstellungen und Funktionen nicht kennen,
sollen, einer alten Beschreibung folgend, ihre
wichtigsten kurz angegeben werden.
Unten, in der Mitte der Uhr auf der Treppe, sitzt
eine Frauengestalt, „Chronika", in das Schreiben
der Geschichte vertieft, um die Ereignisse und
Fortschritte, die im Laufe der Zeit gemacht werden
, in das vor ihr liegende Buch aufzuzeichnen
. Diese Figur ist umgeben von Schnitzereien
mit Weinstock und Reben. Über dem Kopf der
Figur schwebt der Reichsadler, der schützend
seine Schwingen über die Werke eines gesegneten
Friedens ausbreitet. Darüber erkennt man
die Darstellung einiger Gestalten des Alten
Testamentes, in der Mitte Moses mit den Gesetzestafeln
. Links und rechts davon befinden
sich die Propheten Jeremias und Jesaias. Diese
drei Gestalten im Unterbau vertreten also das
Alte Testament.
Zwischen dem Unter- und Mittelbau befindet
sich ein breites Schriftband mit folgender lateinischer
Inschrift: Si cognovisses et tu / in hac die
tua / quae ad pacem tibi. Es handelt sich dabei —
leicht gekürzt — um eine Stelle aus dem Lukas-
Evangelium (19, 42), die auf Deutsch folgendermaßen
lautet: „Wenn auch Du an diesem Deinem
Tage erkannt hättest, was Dir zum Frieden
dient!"
Der Mittelbau darüber versinnbildlicht das
Neue Testament. Auf einer kleinen Bühne in der
Mitte wird die Passion Christi als zentrale
Haupthandlung dargestellt. In diesem Bühnenausschnitt
erscheinen, durch ein besonderes
Werk angetrieben und durch das Uhrwerk zu
jeder Stunde ausgelöst, acht verschiedene Stationen
des Leidensweges Jesu Christi. Die kleinen
Holzfiguren, von sogenannten Herrgottsschnitzern
gearbeitet, besitzen teilweise bewegliche
Gliedmaßen und bewegen sich, von darunter
befindlichen Laufwerken angetrieben,
dem Bibeltext entsprechend.
Die acht verschiedenen Bilder stellen folgende
Stationen dar:
1. den Einzug Christi in Jerusalem
2. das Abendmahl
3. Christus am Ölberg
4. die Geißelung Christi
5. die Szene vor Pilatus
6. den Kreuzweg Christi
7. die Kreuzigung Christi
8. die Auferstehung Christi
Rechts und links der Bühne bemerkt der Betrachter
orientalische Straßenbilder aus Jerusalem
. An den Eckpfeilern dieses Bauteiles sind
von links nach rechts die geschnitzten Figuren
der Apostel Johannes, Petrus, Paulus und Jakobus
aufgestellt. Über ihren Häuptern findet sich
reicher Baldachinschmuck.
Über der Bühne erhebt sich die eigentliche Uhr
in der Form eines Turmes. Das Zifferblatt der
Uhr, mit vergoldeten Ziffern auf blauem Grunde
, beherrscht den zentralen Mittelteil dieses
Stockwerkes. An den Zeigern sind Sonne und
Mond angebracht, im Hintergrund die Sterne.
Der Lauf der Zeiger soll den Lauf der Gestirne
am Himmel in ihrem ewigen Wechsel darstellen
. Über dem Uhrzifferblatt befindet sich, zur
Hälfte schwarz, zur anderen Hälfte vergoldet,
eine Kugel, die Erde darstellend mit ihrem
Wechsel zwischen Tag und Nacht. Sie vollführt
im Laufe von 24 Stunden eine volle Umdrehung.
Unter dem Zifferblatt sind die bemerkenswertesten
Errungenschaften des 19. Jahrhunderts
verherrlicht. Mit Volldampf braust aus einem
Tunnel ein Eisenbahnzug, rechts landet ein
Dampfschiff und links im Hintergrund befindet
sich eine Fabrikanlage. Die herumliegenden
Utensilien verweisen auf Industrie und Handel.
Diesen Oberbau der Kunstuhr flankieren zwei
betende Engel.
Über der Erdkugel hängt in einem Türmchen
eine Schlagglocke, auf welcher zwei vorüberfliegende
Engel die verflossenen Stunden melden
. Der Engel des Lebens schlägt die Viertelstunden
, der Engel des Todes die vollen Stunden
an. Auf dem Dache des Türmchens sitzt der
Hahn, der nach einer älteren Beschreibung zu
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