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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_02/0061
Welch ein Ausbund von Boshaftigkeit muß gar
einer sein, von dem man behauptet: „Der isch
em Teufel ab der Kräz g'sprunge"! - Gezielt
nimmt man den Überschlauen aufs Korn: „Der
hot de Kropf inwendig, daß ihn die Mücke nit
verscheißet". „Der hebt's Bett an sechs Zipfel",
sagt man von einem, der „zweierlei Händ" hat.
Ein Phantast ist einer, „dem's no bei Tag dromt
(träumt)", einen „Hornabsäger" nennt man
einen, der nicht genug kriegen kann, und einen
„Simseläufer" jemanden, der nach allen Seiten
Wasser tragen will. Ein Widerspenstiger wird
„Heulicher" (Stange mit Widerhaken zum Lokkern
des Heues) genannt, ein mürrischer Kerl
ein „Surhefel" (vgl. Sauerteig) und ein Tunichtgut
ironisch ein „Gutedel". Wer alles übergenau
nimmt, ist ein „Dipfelescheißer", ein Grobian ist
ein „ung'hobelter Pflegel" oder auch ein „Klef-
färe" und einer, der alles mitbekommen möchte
, ein „Loschohre". Wenn einem die Gedankengänge
eines anderen allzu wirr vorkommen,
nennt man ihn „wislos" oder „brettschelb" oder
spricht gar von einem „Haudaudel". Sehr beliebt
ist seit jeher die ausschmückende Verwendung
von „Siech": Ein „schneikiger Siech" ist beim
Essen sehr wählerisch, ein „käber Siech" dagegen
ist nicht gerade freigiebig. „Wunderfiz" und
„Gifiz" sind wahrscheinlich dem „Male-fiz" (lat.
Male-ficus = Bösewicht) nachgebildet.

Gelegentlich unterzieht der Schramberger auch
sein eigenes Verhalten einer kritischen Betrachtung
, wobei er erwartungsgemäß nicht schlecht
abschneidet: Er lacht sich ins Fäustchen, wenn
er feststellen kann, daß er einen „verhoelet"
(Fachwort der Schweinezucht) oder „im Supp-
lex" (Ringergriff) genommen hat. Er läßt sich
selbstverständlich nicht gerne „an der Nas rumführe
" oder gar „uf d'Nas scheiße". Manches ist
ihm „e g'maits Wiesle", anderes „dunkt ihn einfach
nix" und hin und wieder könnte er sogar
„die Geißgichter kriege", weil etwas einfach „nit
battet".

Er hat ein völlig ungestörtes Verhältnis zur
Wirklichkeit. Er versucht sie, wo immer es geht,
zu seinen Gunsten zu verändern. Wo das nicht
möglich ist, beugt er sich ihr, anerkennt sozusagen
die Macht des Faktischen. „Des isch, wie's
isch" und „So isch es no au wieder" kommt
daher nicht selten aus seinem Munde. Das er-
stere drückt mehr seine Einsicht in das Unabänderliche
aus, während das letztere eher eine

gewisse Offenheit für andere Standpunkte, also
Kompromißbereitschaft, andeutet. Zwar „ka
mer mit G'walt e Kueh hinnenumlupfe", aber
„mer ka de Ox nit am Schwanz ufg'schirre". Oft
kommt Selbstironie ins Spiel, wie etwa bei folgender
Wendung: „Do schtend Dir jo d'Hoor
z'Berg, und wenn Du e Glatze hosch". Wegen
des Erreichbaren gibt man sich keinen Illusionen
hin: „In Gedanke fahren die Bettelleut Sche-
se (Chaise)". Besonders treffend ist in diesem
Zusammenhang der folgende Spruch: „Du
derfsch nu sage Päterle, no hosch e Nüschter",
wobei „Päterle", die Verniedlichung des „Paternoster
)", eine Perle und „Nüschter" (aus lat.
noster) eine Kette bezeichnet. (Das „heilig
Nüschter" war früher die Bezeichnung für den
Rosenkranz). Man braucht also nur um etwas
bitten, dann bekommt man es auch - oder auch
nicht. Doppelte Ironie drückt sich in folgender
Wendung aus: „Des isch besser wie en Tritt vom
e lahme Esel". In diese Richtung gehen noch
manche Redensarten, die aber aus Gründen der
Schicklichkeit leider unterschlagen werden
müssen.

Nachbargemeinden haben sich immer und
überall gestritten und gegenseitig verulkt. Im
Falle Schrambergs ist seit jeher Lauterbach eine
dankbare Zielscheibe des Spottes. „Des isch Lu-
terbacher Gold vom Blechannele", sagte man,
wenn man die Echtheit eines Schmuckstücks
anzweifeln wollte. Einem Übergescheiten gab
man den Rat: „Mach's wie d'Luterbacher: Seile
gucke über d'Brillegläser, daß sie die Gläser net
abnutze". Bei solcher Wertschätzung der Nachbarn
ist es kein Wunder, wenn man zu folgendem
Ergebnis kommt: „Lieber im e Igel lause als
in Luterbach Schultes oder Pfarrer si!" Auch die
Hardter und selbst die Römlinsdorfer bekommen
ihr Fett ab: „Uf em Hardt hent sie die
Krisebäum (Kirschbäume) mit Blech b'schlage
losse, damit d'Katzerolle nimmer dra nufken-
net". Und ähnlich wie die Lauterbacher müssen
die Römlinsdorfer herhalten, wenn es gegen die
Übergescheiten geht: „Die sind überg'scheit wie
die Römlinsdorfer, die putze de A..., bevor sie
g'sch... hent".

Zum Schluß sei noch eine Redensart erwähnt,
die ein Stück Landesgeschichte widerspiegelt.
Mit Blick auf einen aufsässigen, rebellischen
Menschen stellte man früher gerne fest: „Der
isch heckerisch!" Dieses Eigenschaftswort ist

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