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Alfons Brauchte:
DIE SCHRAMBERGER HEILIGENFABRIK
Beiträge zur Geschichte der „Kombinierten Kirchenstiftung Schramberg"
In der Heimatgeschichte Schrambergs und der
zu dieser Herrschaft gehörenden Gemeinden
(Stäbe) spielt die 1892 aufgelöste „Kombinierte
Kirchenstiftung", eine Besonderheit dieser
Herrschaft, eine bedeutende Rolle. In diesem
Beitrag sollen die Entstehung und die Anfänge
dieser Stiftung dargestellt werden.
Der Name „Kombinierte Kirchenstiftung" kam
erst im 19. Jahrhundert nach dem Übergang
Schrambergs an Württemberg auf und wurde
dann allgemein verwendet. Die früheren Namen
dieser Stiftung waren „Heiligenfabrik"(Heiligen-
fabrique), Kirchenkasten, Heiligenkasten, Ca-
pella regia und Piorum corporum. Diese Namen
wurden oft gleichzeitig nebeneinander
verwendet.
In dieser Kirchenstiftung waren die Kirchenpflegen
der meisten Pfarreien im Bereich der
Herrschaft in einer Verwaltungseinheit vereinigt
. Nicht dazu gehörte die Pfarrei Tennenbronn
, die als Klosterlehen von St. Georgen und
damit von Württemberg ihre eigene Kirchenpflege
mit drei Kirchenpflegern (St. Georgen,
Hornberg und Schramberg) hatte. Dafür aber
gehörte als Mariazellisches Filial Lackendorf zur
Stiftung. Die Oberaufsicht und die Verwaltung
stand bis 1806 den Herrschaftsbesitzern zu, die
den „Herrschaftlichen Kirchen- und Heiligenkastenvogt
" für diese Arbeit bestellten. Bis um
1730 versah dieses Amt gleichzeitig entweder
der Schramberger Oberamtmann bzw. Obervogt
, später auch der Amtsschreiber. Erst mit
Leopold Hacker wurde um 1730 ein Beamter
eingesetzt, der sich ausschließlich mit der „Heiligenfabrik
" zu beschäftigen hatte.
Gründer und Stifter (Fundator) der Stiftung war
zweifellos Rochus Merz von Staffelfelden auf
Schramberg, der 1547 die Herrschaft von den
Herren von Landenberg käuflich erworben hatte
und dabei auf kirchlichem Gebiet, wie er
meinte, verwirrende Zustände vorfand, die eine
klare Lösung erforderten. Es gab nämlich damals
drei Pfarrgemeinden: Mariazell, Sulgen und Lauterbach
-Falkenstein.
Mariazell war zweifellos die älteste Pfarrei, weshalb
auch die Mariazeller Pfarrer bis zur neuen
Pfarreinteilung 1787 immer wieder den Vortritt
beanspruchten, zuletzt noch Pfarrer Ferdinand
Moser (1728/1765), der deswegen mit seinem
gräflichen Herrn wie auch mit den Schramberger
Pfarrherren in dauernder Fehde lag. Er wollte
den Vortritt vor allem bei den von den Herrschaftsgeistlichen
gemeinsam zelebrierten Jahrtagsmessen
für die Verstorbenen der gräflichen
Familie wie auch bei den Wallfahrtsmessen in
Heiligenbronn. Die Pfarrstelle von Mariazell war
von jeher in jeder Hinsicht am höchsten dotiert,
weshalb die anderen Pfarrherren der Herrschaft
nach dem Weggang bzw. dem Tod des Mariazeller
Pfarrers stets nach dieser Stelle strebten.
Mariazell war die „Endstelle" eines Pfarrers, und
erst Pfarrer Werdich bewarb sich als erster Mariazeller
Pfarrer 1802 um die Schramberger
Stelle.
Die Pfarrei Sulgen entstand erst 1435, als die
Baursame von Sulgen und Schramberg den adeligen
Brüdern und Vettern von Kirneck zu Dun-
ningen den Kirchensatz der Sulgener Kapelle
des hl. Lorenz abkauften. Bis dahin gehörte Sulgen
mit Schramberg zur Urpfarrei St. Martin in
Dunningen. Die Schramberger dürften daraufhin
ihre erste Kapelle erbaut haben (Schramberg
bestand ja damals nur aus einigen Hofgütern
, und die wenigen Einwohner dürften früher
in die ursprüngliche Pfarrkirche Falkenstein
gegangen sein!). Mit dem Kauf des Kirchensatzes
stand den Bauern nun neben der Verwaltung
des Wittums nicht nur das Recht des Einzugs
des Kirchenzehnten und anderer Abgaben zu,
sondern auch das Recht, den Pfarrer zu wählen
und einzusetzen.
Mit Mariazell erscheint 1275 im „Liber decima-
tionis cleri Constantiensis pro Papa" als einzige
weitere Pfarrei der Herrschaft (abgesehen von
Tennenbronn, das zu einem anderen Dekanat
gehörte!) die Doppelpfarrei Falkenstein-Lauterbach
. Aus den Vorgängen nach 1547 ist zu
schließen, daß der Kirchensatz in dieser Pfarrei
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