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verharrten doch die dortigen württembergischen
, inzwischen evangelisch gewordenen
Bauern bei ihrer Rechtsauffassung, wobei sie
von der württembergischen Regierung in Stuttgart
unterstützt wurden. Zwar ist diese Seite
auch „Partei" in dieser Angelegenheit, doch ist
ihrer Darstellung im Lagerbuch durchaus zu
trauen.
Noch in der Lagerbucherneuerung von 1716
kann nachgelesen werden: „Zu wissen, daß zu
den Zeiten, als die Herren von Rechberg und
danach die von Landenberg den Schramberg
besessen haben, daß die Vögte und die Bauersleute
, die zur Pfarrei Sulgen (mit Schramberg)
gehörten, ihr Jus, die Pfarrei zu besetzen und zu
entsetzen, vermög eines Kaufbriefs (1435!) hatten
, und es hat ihr letzter Pfarrer Balthasar
Münch, der von den Landenberg, neben der
Versehung seiner Pfarre, Amtmann und Schreiber
gewesen, den Großen Fruchtzehnten eingezogen
und mit der Widumb genossen.
Als aber Roch Merz den Schramberg von den
Landenberg erkaufte, (1547), hat er den Kaufbrief
aus der Kirche aufm Sulgen genommen
und mit Pfarrer Münch gehandlet, so daß dieser
dem Merz das Recht, den Fruchtzehnten einzuziehen
, übergeben hat.
Dafür verordnete Merz dem Münch jährlich
einhundert Gulden zu geben. Also hat sich Roch
Merz nit allein in diese Pfarre, sondern auch im
Thal als ein vermeinter Collektor eingedrungen.
Nachdem aber die württembergischen Under-
thanen des Kirchspiels Sulgen, ehe Roch Merz
den Schramberg käuflich an sich gebracht, un-
der ihnen ein Heyligenpfleger erwählt und die
Schrambergischen Underthanen auß ihnen
zwey Heiligenpfleger verordnet, die des Heyligen
auf Sulgaw Einkommen eingezogen und vor
einer Gemeindt verrechnet, hat Roch Merz erstlich
den Wirtembergischen Heyligenpfleger al-
da, wie auch die Wirtembergischen Heyligenpfleger
zu Marienzell und Haugswalden abgesetzt
und keinen mehr brauchen wollen.
Als nun Roch Merz mit seiner geschwinden
Practic durch hinläßige Zusehung der Wirtem-
bergisch-Hornbergischen Beambten der Heyligen
Einkommen in sein Hand gebracht, hat er
aus der Heyligen Guth ein gemeinen Kirchenkasten
gemacht und in einem Item (= sofort
darauf!) Sibentausend Gulden Herrn Johann Za-
siae (Zasius!) als Pfarrern der Herrschaft Try-
berg auf Verzinsung gelihen. Nachdem dies
Hauptguth von Herrn Zasiae abgelöst (worden
war), ist der gemein Kirchenkasten zerbrochen
und das Geld verlohren worden."
Hier wird deutlich dargestellt, wie Rochus Merz
unrechtmäßig die „kombinierte Stiftung" zusammengebracht
hat. Dabei haben sich die württembergischen
Beamten nicht genügend gewehrt
, so daß im Laufe der Jahrzehnte aus Unrecht
schließlich Recht wurde. Es ist verständlich
, daß der Heiligenkastenvogt Ragg von diesen
Vorgängen nach über 200 Jahren nichts
mehr wissen wollte!
Die Beantwortung der Fragen „Welches waren
die Einnahmequellen der Stiftung? Wofür wurden
die Gelder ausgegeben?" zeigt uns auch auf,
welches die Aufgaben der Kirchenstiftung waren
. Bereits aus dem 16. Jahrhundert sind noch
Teile der Heiligenfabrikrechnungen erhalten.
Das Archiv der Stiftung lag bis zu deren Auflösung
bei der Stiftungsverwaltung und hatte in
den folgenden Jahrzehnten ein wechselvolles
Schicksal. Es war danach größtenteils im
Schramberger Pfarrhaus untergebracht, von wo
es durch Dekan Gold teilweise nach Lauterbach
gebracht wurde, wohl in der Annahme, daß
dieses Archiv einen Zusammenhang mit dem
Dekanatsamt habe. Erst im letzten Jahrzehnt
wurde es in die Kirchenpflege Schramberg zurückgebracht
. Der Großteil der Akten kam aber
schon früher in den im Nordwestteil der Kirche
St. Maria nach dem Krieg eingebauten Keller,
wo es völlig einstaubte und für die Forschung
nicht zugänglich war. Beim Transport der Akten
in diesen Raum kam eine große Zahl von Akten
ab 1571 abhanden und auf Umwegen in den
Besitz von Schramberger Bürgern. Es handelt
sich dabei u. a. um Listen von Schuldnern, von
ausstehenden Geldern, von Zehrkosten sowie
um Getreideabrechnungen in Geld und in
Maßen.
Vor einigen Jahren wurde das Stiftungsarchiv an
das Diözesanarchiv Rottenburg abgegeben.
Dort wird es wohl „weiterschlummern". Es ist
aber wenigstens zu hoffen, daß es dort für die
Forschung aufbereitet wird.
Ab 1732, wohl mit der Bestallung eines nur mit
Stiftungssachen beschäftigten Heiligenkastenvogts
, ist eine große Zahl von Jahresrechnungen
in gebundenen Heften vorhanden, die einen
Überblick über das Rechnungswesen ermög-
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