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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_03/0054
Die Stadt baute die Berneckschule für die Volksschüler
, 1965 getrennt in Grund- und Hauptschüler
. Sie stellten die weitaus größte Zahl. Die
Realschule, Vorläufer des jetzigen Gymnasiums,
befand sich noch in der Entwicklung. Doch
genossen fast alle Schularten, mit Ausnahme der
Berufsschulen, irgendwann einmal Gastrecht in
der Berneckschule: die Realschule, das Gymnasium
, die Sonderschule. Auch heute werden in
ihr neben den angestammten Grundschulklassen
drei Klassen des Gymnasiums unterrichtet.
Schon im Mai 1884, also kurz nach Fertigstellung
des Hauptgebäudes, ersucht der Männergesangverein
„Liederkranz" um Einräumung eines
Lokals zur Abhaltung von Gesangsproben, wobei
er sich verpflichtet, für Feuerung und Beleuchtung
selbst zu sorgen. Dem „Liederkranz",
dem „Frohsinn" und der Stadtmusik wird das
Zimmer der Kleinkinderschule im Erdgeschoß
zu ihren abendlichen Proben zugewiesen. Im
Laufe der Jahre benützten immer mehr Vereinigungen
Schulräume für ihre Zwecke, manchmal
nur zeitweilig: der Kirchenchor „Heilig Geist",
der Trachtenverein, die Sanitätskolonne (Blutspende
), Gymnastikgruppen, die Jugendmusikschule
, die Volkshochschule, das Mandolinenor-
chester, im Hitlerreich Gliederungen der Partei
zu Schulungsabenden. Die unteren Räume im
Souterrain standen bei großen Turn- und Sängerfesten
als Massenquartiere bereit. Gegen Ende
des zweiten Weltkrieges nahmen Räume des
Nordflügels Verwundete auf, die vor dem anrük-
kenden Feind weiter ins Landesinnere verlegt
werden mußten. Es sei daran erinnert, daß in
den ebenerdigen Räumen des Nordflügels nach
dem ersten Weltkrieg die Quäkerspeisung (Stiftung
der amerikanischen Quäker) von den ausgehungerten
Schülern, vor allem der unteren
Jahrgänge, freudig und dankbar verzehrt wurde.
Ebenso dankbar wurde die Schülerspeisung unmittelbar
nach dem zweiten Weltkrieg aufgenommen
. Auf dem Bretterboden des Dachgeschosses
lagerten während des ersten Weltkrieges
Brennesseln und Blätter des roten Fingerhutes
. Die Brennesseln benötigte man zur Herstellung
von Stoffen, die Blätter des Fingerhutes zur
Herstellung des Herzmittels Digitalis. Schüler
sammelten sie unter Aufsicht eines älteren Lehrers
, oft während der regulären Schulzeit.

Auch der Berneckschulhof bedarf der Erwähnung
; er steht in enger Verbindung mit dem

Schulgebäude. Manche persönlichen Erinnerungen
an Erlebnisse während der Pausen mögen
auftauchen, aber auch solche allgemeiner Art:
Die Schneeballschlachten mit den in der Schillerstraße
anrückenden Realschülern, die ärgerliche
Wegnahme des Fußballs durch Lehrer, die
dem damals neumodischen Spiel meist unfreundlich
gesinnt waren. Als großer Platz inmitten
der Stadt, unweit der Turnhalle, war er
für sportliche Übungen wie geschaffen: Die Turner
übten dort Staffelläufe, spielten Faustball -
einst sehr beliebt -, gaben der Musterriege zum
bevorstehenden Turnfest den letzten Schliff,
und die Athleten, in strammer Haltung, führten
exakt und zackig schwierige Übungen mit eisernen
Hanteln vor. Festzüge der Vereine, Fackelzüge
, Aufmärsche bei den verschiedensten
Anlässen endeten oft auf ihm. Französische
Truppen beanspruchten während der Besetzung
nach dem zweiten Weltkrieg einen Teil des
Schulplatzes. Auf hohem Mast flatterte die Trikolore
, immer wieder feierlich gehißt und eingeholt
. -

Gehen wir zum Schluß nochmals in Gedanken
durch diese hundertjährige Schule, um uns von
alten Erinnerungen einfangen zu lassen: Wie eh
und je toben die Schüler durch die Gänge und
stürmen zur großen Pause auf den Schulhof.
Doch halt! Ertönte da nicht eben die sonore
Baßstimme des beleibten Rektor Ruoff aus seinem
Rektoratszimmer, Ruhe und Zucht gebietend
? Klingt von dort aus dem Musikzimmer
nicht die zarte Melodie eines Schülerliedes herüber
, von Lehrer Uhl in strammer Disziplin eingeübt
? Und schleppt sich da nicht der Schwerkriegsbeschädigte
Lehrer Stimmler, auf zwei
Stöcke gestützt, mühsam seinem Klassenzimmer
entgegen? Ist das dort an der Wandtafel nicht
^aver Bucher, der mit meisterlicher Hand eben
eine Skizze entwirft? Da tritt auch schon Lehrer
Engelbert Nägele mit wallendem Bart hervor
und schreitet mit Riesenschritten seine angetretene
Knabenoberklasse ab! Und erklingen jetzt
nicht die Weisen einer Haydn-Messe unter der
ruhigen und hingebenden Stabführung von
Oberlehrer Fridolin Schweizer? - Da ertönt
schrill und erbarmungslos die Schulglocke und
reißt uns aus unseren Träumen: Die Wirklichkeit
hat uns wieder! —

Die Berneckschule hat nun ihre Schuldigkeit
getan. Schon 1976 konnte das Gebäude moder-

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