http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_03/0057
Ebenso wahrscheinlich ist seine Beteiligung am
Marsch auf Stuttgart während der Revolution
von 1848. Denn Braun war ja Dirigent der „Bürgermilitärmusik
", wie sich die Blasmusik jetzt
nannte. Als solche hatte sie bereits beim 1.
Schramberger Sängerfest am 26. Juli 1846 unter
seiner Leitung teilgenommen. Der „Schwarzwälder
Bote" berichtet darüber wie folgt: „Früh am
Tag trafen die auswärtigen Gesangsvereine hier
ein, begrüßt vom Donner der Geschütze und
vor dem Rathause von der hiesigen Bürgermilitärmusik
und unserem 'Liederkranze' in wahrhaft
brüderlicher Weise empfangen". Außerdem
wäre es unwahrscheinlich, wenn sich ein Mann,
der so im Mittelpunkt des öffentlichen Lebens
stand wie Braun, nicht vom revolutionären
Geist, der damals ganz Schramberg bewegte,
hätte anstecken lassen. Realschullehrer Lang,
einer der Anführer und deshalb Hauptangeklagten
im späteren „Hochverratsprozeß" in Rottweil
, war ja schließlich sein schulmeisterlicher
Kollege. So wird wohl Braun an der Spitze seiner
„Bürgermilitärmusik" an jenem ominösen
Dienstag (26. September 1848) zusammen mit
dem Bürgermilitär unter Führung von Kommandant
Jegglin (Schützenwirt) ausmarschiert und
wie alle anderen Teilnehmer entmutigt wieder
heimgekehrt sein. Während Reallehrer Lang seine
Stellung verlor, dürfte Braun allenfalls eine
Ermahnung erhalten haben. Die Bürgerwehr
samt ihrer Musik wurde auf allerhöchsten
Befehl aufgelöst. Erst Jahre danach - Braun hatte
in der Zwischenzeit eine Musikschule für
Jugendliche gegründet - ist in einer Eingabe
Brauns an den Gemeinderat von „einer sogenannten
Blechmusik, die wieder ins Leben treten
soll", zu lesen.
Wohl aus Enttäuschung über den Lauf der
Dinge, aber auch in Rückbesinnung auf seine ureigene
Begabung beginnt J. B. Braun von 1852
an, seine musikalische Weiterbildung mit größter
Beharrlichkeit zu betreiben. Er erhält dafür
mehrfach staatliche Unterstützung. Wenn man
jedoch die vielen weiten Reisen und längeren
Aufenthalte bedenkt, kann man sich in etwa
vorstellen, welche persönlichen Opfer Braun,
ein schlechtbezahlter Schulmeister, in dieser
Zeit gebracht haben muß. Aber er erfährt auch
Ermunterung, so etwa von Lindpaintner, einem
damals sehr bekannten Komponisten, der ihn
auf Grund der Kenntnis seiner Arbeiten an
Simon Sechter in Wien weiterempfiehlt: Sechter
war kaiserlicher Hoforganist und Professor am
Konservatorium.
Zu ihm, der u. a. auch Franz Schubert und Anton
Bruckner unterrrichtet hatte, begibt sich Braun
1852, um sich in Harmonielehre und im Kontrapunkt
unterweisen zu lassen. Am Ende des Aufenthaltes
vereinbart Sechter mit ihm, den Unterricht
schriftlich fortzusetzen. In seinem
Zeugnis lobt er Brauns Orgelspiel und die „vornehme
christliche Richtung seines Geistes" in
seinen Kompositionen. Daß diese „sämtlich gut
erfunden und correkt in der Harmonie und
Stimmführung sind", bestätigt ihm auch Louis
Spohr, Kurfürstlicher Generalmusikdirektor und
Hofkapellmeister in Kassel, zu jener Zeit ein
gefeierter Violinvirtuose und Komponist. Er
empfiehlt ihn daher zur weiteren Förderung
durch einen hervorragenden Lehrer. Diesen findet
J. B. Braun in Joseph Rheinberger, dem wohl
bedeutendsten zeitgenössischen Komponisten
für geistliche Musik und gefragten Kompositionslehrer
in München. Die Philatelisten kennen
ihn von der 50-Rappen-Marke, die das Für-
Am 3. Oktober, Nachmittags 2 Uhr gibt der Unterzeichnete |*\
mit seinem Chorpersonal und den Kindern- seiner ,Singschule ein
kirchliches ^
ria,ch Folgendem*
Programm:
I. AbtheiluDg. _.
1 1) Kyrie — Greg. Choral aus Mettenleiters Enchuiclion-^Mjssa
„in Dominicis", vierstimmig'^ftir O^blbegleitung und.
s theilweise für vieratjfnmig gemischten Chor bearbeitet
von dem Unterzeichneten. «
2) Puerl Hebrfleorum, vierstimmiger Chor von* Palestrina.
3) Adoramue te, Männerchor von R*affi.
4^jamentationeri für den Charfreitag von Palestrina —
• Lectio Prima und Tertia."
II. Abtheilung. **
3) Vespere autem Sabbati, vTerstimmiger Chor von Hsendl.
6) Surrexi^ fünfs'timmiger 6hor von Lasso*
7}rKyjde und Gloria aus der fünfstimmigen Messe von ^"ittoria.
• $*MagStticat für Ostern Voii Palestrina.
9) Credo*un4 Sanctus aus der „ Missa Brevis tt voifP a 1 e s t r i n a.
10) Regfiia colli von Lotti.
eW^tm Eintrittskarten zujyB.kr. zur Bestreitung der Unkosten
•wenden'bei Hem# Kajiftifpni Schlauder hie* abgegeben.
Oberlehrer
J. B. Braun.
Programm für das Konzert am 3. Oktober 1867
57
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_03/0057