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Alfons Brauchte:
WIE DIE „KOMBINIERTE KIRCHENSTIFTUNG
SCHRAMBERG" 1892 AUFGELÖST WURDE
In der „D'Kräz" Nr. 3 (1983) habe ich die Gründung
der Schramberger Heiligenkastenvogtei
(Heiligenfabrik, Kirchenstiftung oder Capeila
regia) sowie die Aufgaben dieser alle Pfarrgemeinden
der Herrschaft Schramberg umfassenden
Kirchenpflegen (mit Ausnahme der evangelischen
Pfarrei Tennenbronn) dargestellt. In diesem
Aufsatz soll nun über die Auflösung dieser
seit etwa 1550 bestehenden Stiftung im 19.
Jahrhundert berichtet werden.
Nach dem Übergang der Herrschaft Schramberg
von Österreich bzw. von dem österreichischen
Lehensmann Graf von Bissingen-Nippenburg an
das 1805/06 von Napoleon neugeschaffene Königreich
Württemberg ging die Oberaufsicht
dieser Stiftung, ebenso das Verwaltungsrecht,
das stets den Herrschaftsbesitzern zugestanden
hatte, über an den württembergischen Staat. Die
Herrschaftsbesitzer hatten auch stets den Heiligenkastenvogt
ernannt, der bis 1743 entweder
der Oberamtmann der Herrschaft oder dessen
Amtsschreiber war, seit 1743 aber ein für diese
Amtsführung besonders bestellter Herrschaftsbeamter
. 1806 war es Johann Georg Bauer, der
dieses Amt 1791 von seinem Vater Franz Josef
Bauer übernommen hatte. Bauer blieb zunächst
auch unter württembergischer Oberhoheit
noch Heiligenkastenvogt bis zum 30. Oktober
1809. Er wurde vom bisherigen Amtssekretär
(seit 1797) Johann Nepomuk Lenz von Neckarhausen
, der von Villingen stammte, abgelöst. Er
war der letzte Kastenvogt, denn 1815 wurde die
Vogtei auf königliche Anordnung in eine Stiftung
umgewandelt. Um deutlich zu machen,
daß diese Stiftung keine geistliche, sondern eine
weltliche Einrichtung sei, zog am 26. April 1815
als erster vom Staat ernannter Stiftungsverwalter
der evangelische Philipp Andreas Klumpp,
zuvor Stiftungsrechnungsrevisor in Kirchheim
u.T., in Schramberg auf. Er ging später (1824)
als Stadtschreiber nach Freudenstadt und starb
dort als Gerichtsnotar.
Bei der Übernahme seines Amtes kam es gleich
zu Streitigkeiten, da Lenz anscheinend seine
Akten und sein Archiv dem gräflichen Rentmeister
Weinschenk übergeben hatte, der nun dieses
Material an Klumpp nicht weitergeben wollte
. Weinschenk, ein sehr streitbarer Mann, wollte
sich nicht damit abfinden, daß dem Grafen
die letzten Hoheitsrechte genommen werden
sollten. Das Departement der Finanzen in Stuttgart
, dem heutigen Finanzministerium entsprechend
, befahl dem Oberamt Oberndorf, sofort
für eine ungestörte Übergabe zu sorgen. Die
durch Klumpp an Weinschenk überbrachte Aufforderung
hatte aber keinerlei Wirkung. Noch
am 14. Februar 1816 mußte Klumpp erneut um
die Aktenübergabe bitten, da er sonst für 1815
keinen Rechnungsabschluß machen könne.
Klumpp hatte wenigstens damals beim Amtsantritt
noch die Register und die Schlüssel der
Kastenvogtei von Lenz erhalten. Weinschenk
mußte schließlich aber nachgeben.
Ein königliches Reskript vom 13. Dezember
1823 befaßte sich mit der künftigen Verwaltung
der ehemaligen Kastenvogtei. Danach hatten
die Gemeinderäte der zur Vogtei gehörenden
Amtsorte darüber zu beraten, ob diese aufgelöst
oder in eine kombinierte Stiftung verwandelt
werden sollte. Erstmals stellte sich damit die
Frage der Auflösung der fast 300jährigen Kastenvogtei
. Um diese Frage zu beantworten,
wurde am 2. Januar 1824 in Schramberg eine
Gemeinderatssitzung einberufen. Wenigstens
die Schramberger waren dabei eines Sinnes, wie
im Entschuldigungsschreiben des Gemeinderats
und Kaufmanns Ferdinand Wolber zum Ausdruck
kommt: Die Kastenvogtei solle ungetrennt
verbleiben. So sei es der allgemeine
Wunsch der Schramberger. Die projektierte
Auflösung führe nur zu einer Parzellierung des
Besitzes, wodurch große Verwaltungskosten
entstünden. Außerdem sei es überhaupt schwierig
, einen Verteilungsfuß zu finden. Wolber wies
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