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Zwar meinte Faller, mit dem Verkauf habe man
sich von einer Last befreit, doch später erkannte
man, daß man einen Fehler begangen hatte.
Der größte Stiftungswäld war der „Heiligenwald
" auf Markung Hardt mit fast 400 Morgen.
Seit dem „Konferenzvergleich 2wischen Österreich
und Württemberg", der 1750 in Rottenburg
eine große Zahl von Streitfällen zwischen
diesen beiden Herrschaften entschieden und
beendet hatte, lagen auf dem Wald Bezugsrechte
der Burgberger Bauern, nämlich zusammen
jährlich 50 Klafter Scheitholz, dazu alles benötigte
Bauholz. Diese zunächst gleichmäßig auf
die Berechtigten verteilten 50 Klafter waren
seither durch Verkäufe und Vererbung ungleichmäßig
verteilt worden, so daß die Unterschiede
zwischen einem halben und 19,5 Klafter lagen.
Noch 1858 fand ein Kaufhandel zwischen einzelnen
Bürgern statt, während die Stiftung bereits
begonnen hatte, den Burgbergern diese
Rechte abzukaufen. Dabei wurden für je ein
Jahresklafter zunächst 110 Gulden, dann 100
Gulden und zuletzt 370 Mark bezahlt. Die ersten
vier Klafter kaufte die Stiftung 1846 in drei
Käufen, weitere 22 zwischen 1851 und 1854
und die letzten 24 Klafter 1884 in vier Käufen.
Dabei gab die Stiftung aus ihrem Vermögen
2730 Gulden und 8800 Mark her. (Ein Klafter
hatte 3,7 Raummeter, das Raummeter zu 100
Mark.) Am 14. März 1892 war auf dem Rathaus
Hardt die erste öffentliche Versteigerung des
Grundbesitzes im Heiligenwald, wobei allerdings
der Wald noch nicht veräußert wurde.
Zunächst wurden nur die dortigen Heiligenfelder
versteigert, auf denen drei Häuser standen,
von denen zwei je zwei Eigentümer hatten.
Ihnen gehörten zwar die Gebäude, nicht aber
Grund und Boden (Erbbestandsfelder). Die Tag-
löhner Konstantin Hermann und Josef Haberstroh
, die in der „Neuwelt" wohnten, bezahlten
für ihre 3,94 a bzw. 2,9572 ha 25 Mark bzw.
2800 Mark. Taglöhner Matthias Hettich vom
„Blumenhäusle", in der Markungsecke beim
heutigen Forsthaus, zahlte für 1,1191 ha 725
Mark, und die beiden Taglöhner Urban Ambs,
Waldschütz, und Konstantin Seckinger vom
„Hafnerhäusle" gaben für 1,8765 ha bzw. 2,3187
ha je 1500 Mark. Der Burgberger Bauer Xaver
Broghammer hatte damals 3,4948 ha Heiligenfelder
, die er für 3300 Mark erhielt. Der Waldschütz
Johannes Storz erwarb schließlich in der
Nordwestecke noch eine kleine Wiese um 240
Mark.
Am 23. Mai 1892 war die endgültige Versteigerung
des Heiligenwaldes, worüber Pfarrer Langenbacher
schreibt: „Zunächst steigerte zögernd
Graf Bissingen den Käufer Commerell
von Höfen a. d. Enz. Mich juckte es, einige tausend
Mark mehr zu bieten. Als ich dies später
dem Käufer anvertraute, meinte er, ich hätte da
zu meinem Vorteil gehandelt, er hätte dann den
Wald aus meinen Händen gekauft. Wenn ich
Schultheiß von Hardt gewesen wäre, hätte ich
diesen Wald für meine Gemeinde gewonnen. Es
ist ewig schade, daß dieser in der Gemeinde
gelegene Wald in lutherische Hände gekommen
ist!" Sägewerksbesitzer Karl Commerell, Kom-
merzienrat, ersteigerte den Wald für 216000
Mark. Die amtliche Wertberechnung war
233 700 Mark, davon 200 000 Mark Waldbestände
. Schon bei der ersten Waldbegehung
konnte dem neuen Besitzer mitgeteilt werden,
daß allein das schlagreife Holz den Kaufpreis
einbringe, und bei einer Waldbegehung 1899
durch den Holzmeister der Firma Krauth in
Höfen (im Besitz von Commerell) wurde der
Wert des Waldes auf 500 000 Mark geschätzt.
Aus allen verkauften Liegenschaften der Stiftung
kamen schließlich 261489 Mark in die Stiftungskasse
, aus dem Heiligenwald also allein
rund 83 Prozent!
Es wurden nun die anerkannten Forderungen
jeder neuen Kirchengemeinde ausgerechnet.
Dabei wurden zunächst alle für die Einzelgemeinden
errichteten besonderen Stiftungen
(vor allem die Jahrtagsmessen) berechnet. Die
Entschädigung für die Molzernfrucht an die Armenkassen
war schon im Verlauf der Ablösungen
in der Jahrhundertmitte abgerechnet worden
, und zwar im 25-fachen Betrag des Jahreswerts
. Die jährlichen Leistungen der Stiftung an
den Besoldungen der Kirchen- und Schuldiener,
besonders der Geistlichen, sowie die durchschnittlichen
Kultkosten, wurden ebenfalls im
25-fachen Betrag des durchschnittlichen Jahreswertes
genommen. Bei einer Kapitalanlage zu
4 % wären also die Besoldungskosten als Zinsen
hereingekommen. Die Baulasten an den der Stiftung
gehörenden Gebäuden wurden im allgemeinen
unter Zugrundelegung der damaligen
Berechnungen von Werkmeister Kramer aus
dem Jahre 1855 40-fach genommen, wobei die
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