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Klauspeter Wilke:
„UND GING ALSO DURCH DIE SCHÖNSTE GEGEND
DES SCHWARZWALDES"
Anselm Feuerbach im Jahre 1843 in Schramberg
Der Weg von Freiburg nach Schramberg ist
etwa 70 Kilometer lang. Er führt heute auf der
Schnellstraße (B 294) bis Waldkirch, dann das
Elztal hinauf bis zur Einmündung des Prechtals.
Über Oberprechtal und das Landwassereck
(650 m.ü.M.) geht es hinab ins Gutachtal (B
33), durch Hornberg an der Schwarzwaldbahn
hinauf zum Fohrenbühl (786 m.ü.M.) und dann
hinab durch Lauterbach in die Fünftälerstadt. In
gut einer Stunde ist der Weg für den Autofahrer
von heute zu schaffen. Der Verfasser dieser Zeilen
hat ihn in den letzten drei Jahren (als Lehrer
am Gymnasium Schramberg) beinahe täglich
zurückgelegt.
Anselm Feuerbach, Selbstbildnis 1848
Vor 140 Jahren hat Anselm Feuerbach, der Maler
, mit einem Schulkameraden diese Strecke zu
Fuß durchreist. Er benötigte dazu anderthalb
Tage. In einem mit Zeichnungen geschmückten
Tagebuch hat Feuerbach seine Eindrücke festgehalten
. Die unsere Raumschaft betreffenden Abschnitte
und Skizzen sollen hier vorgestellt
werden.
Zunächst zum Autor: Der 1829 im damals bayerischen
Speyer/Rhein geborene Anselm Feuerbach
, Sproß einer genialen Familie des bürgerlichen
Zeitalters, gelangte als Sechsjähriger nach
Freiburg im Breisgau, wohin sein Vater als Archäologieprofessor
berufen worden war. Nach
den Schuljahren in Freiburg (während der er
die Wanderung nach Tübingen unternahm),
nach Studienjahren an den Kunstakademien in
Düsseldorf, München und Antwerpen machte
Feuerbach sich 1853 in Paris selbständig. Mit
Josef Viktor von Scheffel reiste er 1855 nach
Italien, wo ihm ein Stipendium des badischen
Großherzogs den Unterhalt sicherte. Seit 1862
arbeitete er für den Münchener Mäzen Graf
Adolf Friedrich von Schack und erhielt 1873
eine Professur an der Akademie der Künste in
Wien. Anfang 1880 starb Feuerbach in Venedig.
Ruhm und Anerkennung fand er, wie manch
anderer Künstler, erst in den letzten Lebensjahren
und mehr noch nach seinem Tode, als er in
wilhelminischer Zeit zum Besitz jedes gebildeten
Deutschen wurde. Reproduktionen seiner
„Nanna" und seiner „Iphigenie" waren fester
Bestandteil damaliger Lesebücher und zierten
neben Böcklins „Toteninsel" van Goghs „Sonnenblumen
" und Dürers „Betende Hände" die
Wände bürgerlicher Wohnräume.
Doch nicht dem Maler gilt unser Interesse, es
gilt dem Knaben, dem Schüler. Dieser hatte
bereits 1830 seine Mutter verloren. 1834 heiratete
sein Vater Henriette Heydenreich. In den
von ihr 1880 edierten Aufzeichnungen
(„Vermächtnis") Feuerbachs lesen wir: „... eine
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