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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_05/0060
Der Stillbutz

Er läßt uns noch ein Stück echter Nachtwächterromantik
im alten Schramberg erahnen. In jenen
Tagen mußte die Polizei, damals von den Leuten
noch „Butz" genannt, gleichzeitig auch Nachtwächterdienste
verrichten und des Nachts die
Stunden ausrufen. So machte auch manchmal ein
solcher Butz die nächtliche Runde. Im Gegensatz
zu seinem sangestüchtigen Kollegen war er
kein guter Sänger, er beneidete darum seinen
Kollegen sehr. Als er eines Nachts einen späten
„Heimkehrer" aus einem Waschzuber rettete, da
war es um den armen Butz geschehen. Statt Dank
erntete er Spott! Wegen seiner schwachen
Stimme nannte man ihn fortan den „Stillbutz".
Und dieser Name blieb ihm, ja sogar auf das
Elternhaus des „Stillbutz" wurde er übertragen.

Der Windlebutz

Allen älteren Schrambergern noch in bester
Erinnerung ist der „Windlebutz", so genannt,
weil er Polizist war und am Samstagabend durch
die Straßen und Gassen gehen mußte, um kraft
Gesetzes die Leute zu ermahnen, ihre Windeln
abzuhängen. Denn Windeln und Sonntag, das
ging nicht zusammen! Die Lausbuben ärgerten
ihn zwar, aber das konnte ihn nicht aus der Ruhe
bringen. Seine Ruhe, die ging ihm über alles,
sogar während der Dienstzeit. Des Mittags
verschaffte er sie sich auf etwas ungewöhnliche
Weise. An der Stelle des heutigen Gymnasiums
stand früher das Spital. Daran angebaut war ein
Altersheim, und daneben befand sich der Bauhof
. Dort stand ein Behälter, mit dem man im
Sommer die Straßen spritzte, damit es nicht
so staubte. Zum Mittagsschlaf legte sich der
„Windelbutz" immer in den Behälter. Als Hüter
der Ordnung im Flecken hielt er sich auch dabei
genau an die Dienstzeit, wie die neugierigen
Nachbarn immer wieder beobachten konnten.
Denn wenn die Dienstzeit um war, kam er munter
und fidel aus dem Behälter herausgekrochen,
um ausgeruht - nach Hause zu marschieren.

„Die närr'sch Seppa"

Sie war eine Schwester des alten Metzgermeisters
Jaköble. Dieser hieß eigentlich Jakob Ulmschneider
und war Vorfahr der heutigen Familien
Ulmschneider und so auch einer meiner
eigenen Urahnen, denn meine Großmutter war
eine Tochter des Jaköble und damit die Nichte

der „Närr'sch Seppa". Diese wurde im Jahre
1828 in Schramberg geboren und trug den
Spottnamen eigentlich zu Unrecht, denn sie soll
gescheiter gewesen sein als viele andere im Ort.
So besorgte sie z.B. fast alle Ausgänge für das
damalige Krankenhaus. Gravitätisch, wichtig soll
sie oft der Apotheke zugestrebt sein, mit einem
Buch unter dem Arm, um Arznei abzuholen. Eine
nette Begebenheit wird erzählt, die ihre spontane
, impulsive, resolute Art zeigt: Die Schwestern
des Krankenhauses hatten sie einmal zur
Fronleichnamsprozession herausgeputzt und in
ein schönes Kleid gesteckt, bei der Prozession
selbst nahmen die Schwestern sie in ihre Mitte.
Bis zum „Schützen" ging die Sache gut, so lange
hielt es die „Seppa" aus. Als sie sich dann allerseits
beobachtet fühlte, drehte sie sich um und
streckte die Zunge heraus, so weit es ging, und
machte dann noch mit allen zehn Fingern eine
lange Nase. Wer weiß, vielleicht hatte sie die
entsprechenden Personen am Straßenrand entdeckt
!

Die kleinen Schramberger Buben hatten ihren
besonderen Spaß mit der „närr'schen Seppa". Wo
sie auftauchte, riefen sie ihr „die närr'sch Seppa,
die närr'sch Seppa" nach, und prompt brach sie
in „grillige" Hilferufe aus: „Die Buaba, die Buaba!
Lemmi gau, lemmi gau!" Wütend rannte sie ins
Spital zurück, nicht ohne ihre Zunge, wie erzählt
wird, hin und wieder weit herauszustrecken.

Die Boschemadame

Sie gehörte der Sippe von Schlosser Baschele an
und soll eines der meistbelachten Originale Alt-
schrambergs gewesen sein. Ihre Mutter brachte
sie aus Straßburg nach Schramberg mit. Einmal
war sie sogar in Paris gewesen, was für die
damalige Zeit schon etwas heißen wollte. Von
dort hat sie wohl auch ihre Allüren und französischen
Sprachbrocken und außerdem noch einen
kleinen „Vogel" mitgebracht! So war sie immer
vornehm gekleidet, trug oft einen Schleier übers
Gesicht, der aber ihr schwarzes Schnurrbärt-
chen nicht verdecken konnte. Die Gassenbuben
neckten sie, jedoch sie grüßte die Schlingel mit
„Bon jour", und die Frauen bedachte sie mit
einem „Bon jour, Madame". Aus diesem Gruß
machten die Leute kurzerhand „Boschemadame
", ein Name, der ihr auch zeitlebens blieb. Sie
aber ließ sich nicht beirren, stolzierte vielmehr
erhobenen Hauptes durch Schramberg.

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