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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_05/0062
Doch schade, daß „d'Majestäti" über all dem
stets vergaß, andere Dinge, von denen man im
allgemeinen nicht zu sprechen pflegt, außer
Sichtweite zu bringen - das „Waschlavor" inbegriffen
, das ungeniert zwischen den blühenden
Nelken stand.

Der Spitaler

Ein alter Schramberger hat die folgende Geschichte
von seiner Mutter, diese wiederum hat
sie von ihren Großeltern, die darin eine gewisse
Rolle spielen. August Lämmle hat sie in einem
seiner Bücher ähnlich erzählt. Dank der ungebrochenen
Überlieferung sind wir in der Lage,
die Geschichte so wiederzugeben, wie sie sich
wirklich zugetragen hat:

Im „Spittel", wo viele arme Leute Unterschlupf
gefunden hatten, lebte ein älteres Männlein, das
sich durch allerlei Dienste bei den wohlhabenderen
Leuten nützlich zu machen suchte. So
konnte er sich nämlich ein kleines Zubrot
verdienen, denn mit dem Essen im „Spittel"
stand es nicht gerade zum besten. Dank seiner
Leutseligkeit war er überall wohlgelitten, bei der
Familie S., den Urgroßeltern unseres Gewährsmannes
, sogar so sehr, daß er jede Woche einmal
zum Mittagessen kommen durfte. Das ging so
wochen- und monatelang! Doch eines schönen
Tages blieb er ohne ersichtlichen Grund einfach
weg. Von der Nachbarin W. daraufhin befragt,
antwortete er: „I gang nimme num! S'ganz Johr
komm i zum Mittagesse, und no krieg i net emol
ebbes zu meim Geburtstag!"

Der Schreiner F.

Ein prachtvolles Original war auch der Schreiner
F. Wenn neben dem Aussehen vor allem die
Sprüche das Original ausmachen, dann war er
zweifellos eines, und noch dazu ein ganz besonderes
. So konnte er etwa die folgenden Weisheiten
predigen:

„Auf der Straß' schau auf zum Himmel,
zu Hause trinke Deinen Kümmel!"
oder:

„Sei kein Ochse, sei ein Schaf.

Den Dummen gibt's der Herr im Schlaf!"

In Schramberg unvergessen ist ein Spruch von

ihm, den sogar eine „Briefmarke" mit seinem

Porträt ziert. In Anspielung auf die vielen

Schramberger, die in der Weltwirtschaftskrise

nach den USA ausgewandert waren, pflegte er,

wenn er sich über einen Daheimgebliebenen
besonders ärgerte, zu sagen: „Es sind nicht alle
Seckel nach Amerika."

Wie „schwarz" der Humor des Schreinermeisters
, der auch Särge machte, sein konnte, beweist
folgender Ausspruch:
„In mein Sarg kommt emol a Fenschterle, daß i
au seh, was für Rindviecher zue meiner Leich
gange."

Vom Rheuma geplagt, ging er jedes Jahr zur Kur
nach Bad Krozingen. Als er nun wieder einmal
davon heimkam, wollte seine neugierige Nachbarin
, die Burgl, die gerne auf der Haustürtreppe
saß, damit ihr ja nichts in der Nachbarschaft
entging, genau wissen, wie es bei der Kur zugegangen
sei. Er sei von einer Negerin - damals ein
noch ziemlich unbekanntes Wesen - massiert
worden, und diese werde sogar nach Schramberg
zu seiner Nachbehandlung kommen, erklärte
er ihr. Was tat nun der schlaue Schreinermeister
? Am nächsten Tag schmierte er seinen
Lehrbuben mit schwarzer Schuhwichse an und
kleidete ihn entsprechend. Dann ließ er „ihn"
mehrmals über den Steg, der die alte Werkstatt
mit der neuen verband, stolzieren, so daß die
Burgl aus dem Staunen nicht mehr herauskam.
Solchermaßen Augenzeuge des exotischen
Schauspiels geworden, rannte sie die Steige hinab
und verkündete überall: „I han's mit meine
eigene Auge g'sehe, d'r Schreiner F. hot a Negeri
als Masseus."

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