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in den Räumen des 3. Stockes eine Zeichenausstellung
aufgebaut, die größte Anerkennung
fand. Ihn selbst muß dieser Tag mit besonderer
Freude erfüllt haben, denn er hatte 1878 im
„Felsenkeller" begonnen und das 22jährige Exil
in der Berneckschule mitgemacht. Dieser hervorragende
Lehrer sollte der Schule bis 1919
erhalten bleiben. In den mehr als 40 Jahren
seines Wirkens hat er den Ruf der Realschule
Schramberg in ganz besonderer Weise gefördert
.
Noch etwas anderes erregte die Bewunderung,
wenn nicht gar den Neid der Festgäste: Die
umfangreiche naturwissenschaftliche Sammlung
und dazu nun eine Reihe von Geschenken
zu ihrer Bereicherung. Der Geheime Kommer-
zienrat Arthur Junghans hatte sieben Uhren für
Rektorats- und Lehrerzimmer nebst einer Reihe
Fachbücher gestiftet, Kommerzienrat Erhard
Junghans gar eine komplette zoologische Sammlung
samt den dazu erforderlichen Schränken.
Von Direktor Dr. Lindhorst stammte das Majolika
-Geschirr und eine Insekten-Sammlung von
der Kapkolonie, von Fabrikant Gustav Maier waren
sieben gerahmte Bilder berühmter Männer.
Der Schüler Victor Luschka hatte eine Sammlung
fremder Hölzer in Kästchen geschenkt und der
Herr Graf von Bissingen und Nippenburg
schließlich ein Prachtexemplar von einem Auerhahn
, geschossen von seinem Jäger Haas auf dem
Imbrand.
Nach der Besichtigung begann der Festakt im
Festsaal, eingeleitet mit einem Choral der Schüler
. Dann folgte, wie bei solchen Anlässen unvermeidlich
, Rede auf Rede. Zuerst sprach Oberstudienrat
Dr. Haas, ein gebürtiger Schramberger,
Dank und Anerkennung der Kgl. Ministerialab-
teilung für die höheren Schulen aus. Ihm folgte
Prof. Hartmann von der Zentralstelle für die
gewerblichen Fortbildungsschulen, der auf die
wachsende Bedeutung der gewerblichen Ausbildung
hinwies und es einen glücklichen Umstand
nannte, daß nun Realschule und Gewerbeschule
unter einem Dach beisammen seien. Rektor Reiner
hielt die Festrede. Er gab einen Überblick
über die Geschichte der Realschule und dankte
in pathetischen Worten allen, die „mit hellem
Blick den Plan entworfen und mit Meisterhand
den Bau ausgeführt haben". Und im Hinblick auf
die 300 000 Mark, die für den Neubau aufzubringen
waren, mahnte er: „Groß sind die Opfer, die
die Stadt nun für die Erziehung und Ausbildung
der Jugend bringt, groß ist aber auch die Hoffnung
, die sie auf die neue Schule setzt. Und diese
Hoffnung zu erfüllen, dahin zu wirken, daß sie
nicht zu Schanden wird, das ist eine Ehrenpflicht
von Lehrern und Schülern". Als er sich dann mit
den folgenden Worten den Schülern direkt zuwandte
, wird wohl nicht alles auf fruchtbaren
Boden gefallen sein: „Ihr gehet zur Schule, weil
ihr müßt, ihr ahnt nicht die Sorge, die ihr uns
macht... Glaubet mir, es gibt für euch keinen
besseren Weg, als daß ihr folget ohne Murren, als
daß ihr euren Lehrern ein dankbares und deshalb
auch gehorsames Herz entgegenbringt." Er
schloß mit dem Wunsche, daß die Schule „eine
Pflanzstätte wahrer Herzens- und Geistesbildung
" sein und bleiben möge. Dann werde reicher
Segen von ihr ausgehen „zum Wohle unserer
lieben Stadt Schramberg und zum Wohle
unseres lieben Vaterlandes". Mit dem gemeinsamen
Gesang „Deutschland, Deutschland, über
alles..." wurde die Feier beendet.
Um 12.30 Uhr war das große Festessen im Hotel
„Post". Angesichts der vielen Gäste vermerkte
ein Journalist: „Die Beteiligung an demselben
war wider alles Erwarten überaus zahlreich.
Mehr als 100 Gäste versammelten sich im Saale
des Hotels zur Post, um auch den zweiten Hauptteil
des Festes mitzugenießen". Das Festmahl
nahm nach seinen eigenen Worten bei den Klängen
der Stadtmusik „einen recht animierten
Verlauf. Es wurde nämlich durch eine „Reihe
von Toasten gewürzt:" Stadtschultheiß Harrer
brachte ein Hoch auf den König aus, „den Förderer
aller Bestrebungen auf dem Gebiet der Schule
", Oberstudienrat Dr. Haas dankte der Stadt
und ihren Gremien, Kommerzienrat E. Junghans
dem Stadtvorstand, Architekt Veil für den ehrenvollen
Auftrag etc. Rektor Haug von der Realschule
Freudenstadt überbrachte die Glückwünsche
der Nachbarschule und meinte, seine Schule
sei zwar gut bürgerlich, aber nicht so fürstlich
wie die in Schramberg untergebracht. Er wünsche
sich außerdem ebenso hochherzige Stifter
von Lehr- und Anschauungsmitteln, wie sie hier
zu finden seien. Professor Blersch vom Gymnasium
Rottweil betonte die gutnachbarlichen
Beziehungen und endete, wie es sich für einen
Vertreter humanistischer Bildung geziemt, mit
dem obligaten „Vivat, crescat, floreat". Stadtpfarrer
Völter, der für die evangelische Pfarrgemein-
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