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dienst noch den Organistendienst übernehmen.
Daß nicht die fachliche Befähigung allein für die
Ernennung eines geprüften Provisors zum ständigen
Lehrer ausschlaggebend war, zeigt schlaglichtartig
das Beispiel des Franz Anton Haas, der
die Lehrerstelle seines verstorbenen Vaters
1843 übernahm. Die örtliche Schulkommission
mußte der Ernennung durch den Grafen zustimmen
, weil Haas sonst mittellos geblieben und
mit seiner Familie auf die Armenfürsorge der
Gemeinde angewiesen gewesen wäre. Dazu bemerkte
Pfarrer Sinz damals: „Nicht unberücksichtigt
konnte gelassen werden seine große
Familie mit 5 Kindern, die hier bürgerlich sind,
seine Armut und Dürftigkeit und Mangel an Aussicht
einer besseren Zukunft sowie sein 1 jähriges
Hiersein, wartend auf diesen Posten als Pa-
tronatskind." (Schulprotokoll vom 14.5.1843 in
der Abschrift von Pfarrer Zeyer, Mariazell o.J.).
Nun hatte Haas ein sicheres Einkommen. Dazu
trug die Heiligenpflege Schramberg den größeren
, die Gemeinde den geringeren Teil bei. Das
Einkommen aus der Lehrertätigkeit hätte aber
trotz freier Wohnung und unentgeltlicher Lieferung
von Brennholz für das Überleben der Familie
nicht ausgereicht. Es betrug 181 fl 9 X im
Gegensatz zu dem Einkommen des Pfarrers, der,
den Ertrag der Pfarrgüter nicht mitgerechnet,
auf 598 fl 55J/2 X kam.
Gleichzeitig aber war der Lehrer ja noch Mesner
und Organist und hatte somit ein Zusatzeinkommen
aus der Bewirtschaftung oder Verpachtung
des Mesnergutes, aus dem Gras vom Friedhof (!),
einem Anteil an den Stolgebühren und einer
Besoldung von 9 fl 30 X von der vereinigten
Heiligenpflege Schramberg.
Eine Besonderheit waren die Mesnerlaible, die
von den Bauern der Pfarrei fürs Wetterläuten
abgegeben werden mußten. Diese gewohnheitsrechtlichen
, nirgends verbrieften Mesner- oder
Läutelaible wurden aber von der Mitte des 19-
Jahrhunderts an von den Bauern nicht mehr
geliefert.
Das Tagegeld für den zweiten, den sogenannten
unständigen Lehrer hatte die Gemeinde zu zahlen
. Die Provisoren waren meist Junggesellen
und lebten bescheiden. Ihre Schlafstelle hatten
sie zunächst in einer Ecke des Schulzimmers.
Später versuchte die Gemeinde, oft allerdings
vergeblich, Bürger zu finden, die den Provisor in
Kost nahmen. Erst seit 1886 hatte der unständige
Lehrer eine Dachwohnung im neuen Schulhaus
.
Die Erziehungsziele
Damals war es an der Tagesordnung, daß ein
Schüler Prügel oder Tatzen erhielt, wenn er zu
spät kam oder sich ungehörig benahm. Wenn
Lehrer ihre Schüler zu hart und ungerecht behandelten
, wurde das nur selten aktenkundig.
Nach einer handschriftlichen Notiz von Pfarrer
Zeyer in seiner Sammlung zur Mariazeller Schulgeschichte
soll Lehrer Butz Kinder, die ihm sagten
, sie hätten etwas nicht begriffen oder nicht
behalten können, so angeschrieen haben: „Dann
schreib's auf einen Zettel und friß es, du Sau!"
Ungeahndet blieben solche Entgleisungen nicht.
Der Schulinspektor, Pfarrer Fuchs, leitete ein
Disziplinarverfahren gegen Josef Butz ein, der
schließlich zu einer Geldstrafe verdonnert
wurde.
Die geistliche Schulaufsicht war stets bemüht,
eine ausgleichende Wirkung auszuüben. Der
Brief des Schulinspektors Kapp, Pfarrer in Sul-
gen, bezüglich des Unterrichtes des Josef Anton
Haas verdient es, in diesem Zusammenhang zitiert
zu werden. Er schreibt, man möge den
Lehrer an seine Pflicht erinnern, „...sich aller
Kinder, der schwachen wie der fähigen, mit gleichem
Ernste und gleicher Liebe anzunehmen,
das weniger begabte, aber fleißige nicht mit
Schlägen, sondern mit mehr Übung dem Besseren
nahezubringen, wie der Apostel, allen alles
zu werden in Weisheit und ausdauernder Liebe,
denn gerade die Tatenlosen bedürfen des Lehrers
duldender Nachhilfe am meisten, wie die
Kranken des Arztes. Dazu gehört Nüchternheit
des Geistes und Ergriffensein von seinem Berufe
." Leider entsprachen diese Erziehungsziele
nicht der harten Wirklichkeit. Haas hatte allein
138 Kinder zu unterrichten (Stand 1837). Eine
Entlastung für ihn brachte nur gelegentlich die
Einstellung eines Provisors. Außerdem wurden
1840 die Kinder von Hugswald, Nägelesee, Neuwelt
und Wünnenberg der Hardter Schule zugewiesen
.
Ihre Schüler
Auf dem Dorf gingen die Kinder vom 7. bis zum
14. Lebensjahr in die Schule. Die meisten Kinder
lebten in unmittelbarer Nähe des Dorfmittelpunktes
und hatten einen kurzen Schulweg von
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