http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_07/0044
Die abgebildete Strohflechterin ist gerade dabei, mit
Hilfe eines Sortierbretts die Strohhalme der Länge und
Dicke nach zu sortieren, um später gleichmäßige -
gröbere und feinere - Geflechte herstellen zu können.
Unregelmäßige Geflechte wurden von den Manufakturen
nicht angenommen bzw. mit Lohnabzug bestraft
. Diese Arbeit war vorwiegend schlecht bezahlte
Heimarbeit, die überwiegend von Frauen und Kindern
oder gebrechlichen älteren Menschen ausgeführt
wurde. Die Aufnahme der Strohhalme sortierenden
Frau entstand um 1880/1890. Fotografieren war damals
nichts Selbstverständliches und Alltägliches. Die
Frau trägt daher für die Aufnahme ihr Sonntagskleid,
das ihre Armut jedoch kaum zu verbergen vermag.
Deutliche Verschleißspuren - eine durchgescheuerte
Stelle oberhalb der Taille - sind noch im Foto sichtbar.
Zur Zeit Hartschierles beschäftigte allein die 1834 als
Armenbeschäftigungsanstalt gegründete Strohmanufaktur
Haas in Schramberg über 2000 Heimarbeiterinnen
, die oft von weit her zu Fuß nach Schramberg
kamen, um Rohmaterialien abzuholen und Fertigwaren
, wie Taschen und Hüte, in den Manufakturen
abzuliefern. Unter den bislang bekannten Hunderten
von Krippenfiguren Hartschierles findet sich jedoch
keine einzige Strohflechterin.
Fabrikarbeit, wie sie dieses um 1890 in der Uhrenfabrik Junghans in Schramberg aufgenommene Foto zeigt,
bestimmte schon zu der Zeit, als Hartschierle seine Krippenfiguren malte, den Alltag in Schramberg. Als
Krippenfiguren fehlen die Fabrikarbeiter bei Hartschierle, obwohl viele von ihnen täglich stundenlang zu Fuß aus
den umliegenden Dörfern nach Schramberg unterwegs waren und von daher - wie die Hausierer - durchaus
geeignet gewesen wären, als zur Krippe Eilende dargestellt zu werden.
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