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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_07/0059
Robert Ditter:

LUDWIG UHLAND UND SCHRAMBERG

Der 200. Geburtstag Ludwig Uhlands wurde, wie das bei dem wohl schwäbischsten aller Dichter
nicht anders zu erwarten war, hierzulande Anlaß zu vielerlei Würdigungen. Man gedachte dabei vor
allem des großen Lyrikers, der unvergängliche Gedichte wie „Droben stehet die Kapelle", „Die
linden Lüfte sind erwacht", „Ich hatt' einen Kameraden" oder so großartige Balladen wie „Schwäbische
Kunde", „Des Sängers Fluch" oder „Das Glück von Edenhall" gedichtet hat. Man vergaß aber
auch nicht, den leidenschaftlichen Politiker zu erwähnen, der im Stuttgarter Landtag und in der
Frankfurter Paulskirche für demokratische Rechte und deutsche Einheit kämpfte. Gelegentlich war
da noch, wenn auch nur am Rande, vom Hochschullehrer die Rede, dem ersten Professor für
deutsche Sprache und Literatur an der Universität Tübingen und Mitbegründer der germanischen
und altdeutschen Philologie. Doch nirgendwo wurde des Dramatikers Uhland gedacht, obwohl er zu
seiner Zeit auch als solcher gefeiert wurde, nicht zuletzt von so bedeutenden Zeitgenossen wie
Varnhagen von Ense, Kotzebue oder Hebbel und natürlich seinen schwäbischen Dichterfreunden.
Wenige Jahre nach dem Sturz Napoleons hatte er nämlich ein Drama geschaffen, das in mittelalterlichem
Gewand die Einheit des Reichs und die Freundestreue beschwor. Es ist die Rede vom
Trauerspiel „Ernst, Herzog von Schwaben", das 1818 in Hamburg uraufgeführt und nach der
Erstaufführung am 7.5.1819 in Stuttgart dort auch bei der Feier der württembergischen Verfassung
im Herbst desselben Jahres glanzvoll inszeniert wurde. Um die Jahrhundertmitte kam das Drama
sogar am Königlichen Schauspielhaus in Berlin mehrfach zur Aufführung und kündete dort wie
überall, wo es gezeigt wurde, nicht nur vom heldenhaften Kampf und Untergang Herzog Emsts,
sondern auch von Schramberg, genauer gesagt, von der Burg Falkenstein, dem wichtigsten Ort dieser
dramatischen Handlung. Von deren geschichtlichem Hintergrund, von den historischen und literarischen
Quellen, aus denen Uhland schöpfte, und von der endgültigen dramatischen Gestaltung
durch den Dichter soll im folgenden die Rede sein.

Der geschichtliche Hintergrund

Beim Verfall des gewaltigen Karolingerreiches
waren aus den Markgrafschaften an dessen
Grenzen eine Reihe von Stammesherzogtümern
entstanden, u. a. das Herzogtum Schwaben, das
von den Vogesen bis zum Lech und vom Hohen-
lohischen bis hinab zum Engadin reichte. Während
die deutschen Könige versuchten, diese
machtvollen und weitgehend unabhängigen Territorien
unter ihre Gewalt zu bringen oder zu
zerschlagen, kämpften die Herzöge um die
größtmögliche Freiheit von der königlichen
Zentralgewalt und damit um Festigung oder gar
Ausweitung ihrer Macht. Bei so gegensätzlichen
Interessen mußte es immer wieder zu Spannungen
und Auseinandersetzungen kommen, gegen
die selbst verwandtschaftliche und familiäre
Bande keinen Schutz boten. Erinnert sei etwa an
die Rebellion Liudolfs, Herzog von Schwaben,
gegen seinen Vater, König Otto L, die später in

der Dichtung mit dem Aufstand Herzog Emsts
gegen seinen Stiefvater Konrad II. verschmilzt.
Woher kommt nun aber dieser Herzog Ernst?
Seine Mutter war Gisela, älteste Tochter Hermanns
IL, Herzog von Schwaben, und Gerbergas
von Burgund. Da ihr älterer Bruder bereits im
Kindesalter starb, ging die Erbfolge an Gisela
über. Diese heiratete in zweiter Ehe den Babenberger
Ernst, der 1012 von König Heinrich II.
mit dem Herzogtum Schwaben belehnt wurde.
Als er 1015 bei einer Jagd versehentlich durch
einen Pfeil getötet wurde, hinterließ er einen
unmündigen Sohn, der seinen Namen trug. Seine
Witwe heiratete nach Ende des Trauerjahres
erneut, und zwar den rheinfränkischen Grafen
Konrad. Das geschah wohl nicht zuletzt in der
Absicht, für ihren Gemahl nach dem Tode König
Heinrichs, der keinen Erben besaß, die Königskrone
zu erringen. In der Tat, nach dem Tode
Heinrichs im Jahre 1024 gab ihre Stimme, abge-

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