Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_07/0069
eingezogen. Im Gesamtverband der 3. Armee,
die aus dem 5. und 11. preußischen Korps, zwei
bayrischen Korps und badischen sowie württembergischen
Truppenkontingenten bestand,
wurden die 75 Schramberger Rekruten der Infanterie
auf das 1. Infanterieregiment Königin
Olga, das 2. Infanterieregiment König von Preußen
, das 3. Infanterieregiment Alt-Württemberg,
das 6. Infanterieregiment König Wilhelm und
das 8. Infanterieregiment Großherzog von Baden
aufgeteilt. Weiter marschierten sieben Jäger
in den Reihen des 1. württembergischen Jägerbataillons
, zehn Angehörige der Kavallerie dienten
im 1. und 4. württembergischen Reiterregiment
, außerdem wurden drei Schramberger in
Artillerieeinheiten eingereiht und ein Soldat als
Sanitäter ausgebildet.

Am 4. August 1870 stießen gemäß Operationsplan
mit der 3. Armee die württembergischen
Regimenter südlich von Landau auf französisches
Territorium vor und sperrten westlich von
Sedan die Straße nach Mezieres. Schon bald gelang
es den deutschen Armeen in einer Reihe
von Umfassungsschlachten, das französische
Heer ins Wanken zu bringen und aufzuspalten.
Ein heute unvorstellbarer Patriotismus führte im
August 1870 in Schramberg zur Gründung eines
Wehrvereins sowie eines Sanitätsvereins. Letzterer
stand unter der Leitung der Gräfin von Bissingen
und Nippenburg. Er kümmerte sich um die
Versorgung der Angehörigen eingezogener Soldaten
und sammelte für diese selbst Geld, Bekleidung
und Verbandsmaterial. Im Verlauf des
Krieges kamen auf diese Weise ungefähr 3000
Gulden und eine große Menge an Sachspenden
zusammen. Mit nationaler Begeisterung und in
allgemeinem Siegestaumel wurde die Gefangennahme
des französischen Kaisers Napoleon III.
am 3.September 1870 bei der Schlacht von Sedan
gefeiert. Das neue Schloß des Grafen von
Bissingen und Nippenburg, die Villa des Steingutfabrikanten
Faist sowie die Schloßruine Ho-
henschramberg erstrahlten in festlicher Beleuchtung
. Patriotisch gesinnte Bürger formierten
sich zu einem Fackelzug, der mit Musikbegleitung
durch die Schramberger Gassen und
Straßen zog und sich vor dem Hotel „Krone -
Post" versammelte, wo der bekannte Landarzt
Doktor Stemmer eine Rede hielt. Der Siegestag
wurde mit einem Festbankett beschlossen. Der
Schlacht von Sedan folgte am 27. September

1870 die Eroberung der französischen Festung
Straßburg im Elsaß. Man soll den Lärm der Kanonen
bis nach Schramberg gehört haben.
Obwohl die Vereinigten Staaten von Amerika
den Schutz der Deutschen in Frankreich garantierten
, wurden von der französischen Regierung
während des Krieges 17 Schramberger, die
hauptsächlich beruflich in Frankreich tätig waren
, ausgewiesen und in Schramberg wiederaufgenommen
.

Während des außergewöhnlich kalten und für
die vereinigten deutschen Truppen äußerst kritischen
Winters 1870/71 kamen der Schramberger
Schneider Julius Schinle und der Mechaniker
Dominikus Laun bei Ausfällen der französischen
Besatzung von Paris im November 1870 ums
Leben.

Nach Jahren größter Armut hatte in Schramberg
mit Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts
die eigentliche Industrialisierung begonnen.
Kriegsbedingt mußte nun jedoch in manchen
Betrieben wie beispielsweise in der Schramberger
Steingutfabrik die Arbeit eingeschränkt und
im Winter 1870/71 in diesem Betrieb sogar für
8—10 Tage vollständig eingestellt werden. Der
Mangel an Hygiene und medizinischer Vorsorge
führte Ende des Jahres 1870 in Schramberg wieder
einmal zum Ausbruch der Pocken, die sich
jedoch auf wenige Fälle beschränkten und rasch
wieder unter Kontrolle gebracht werden
konnten.

Noch vor dem Friedensschluß mit dem besiegten
Frankreich gelang es dem neuen Reichskanzler
Otto von Bismarck, die deutschen Staaten zu
einigen und das neue deutsche Reich zu gründen
. Mit der Proklamation des preußischen Königs
Wilhelm I. zum deutschen Kaiser am 18.
Januar 1871 begannen langwierige Sonderverhandlungen
, die in eine Reihe von Einzelverträgen
mündeten, welche die Rechte der Einzelstaaten
regeln sollten. Das Königreich Württemberg
versuchte territoriale und andere Vorteile
herauszuschlagen und erhielt schließlich die sogenannten
„Reservatsrechte" zugestanden, u.a.
die Eigenständigkeit bei Post, Eisenbahn, in der
Finanzverwaltung und beim Armeekommando.
Nach der Kapitulation der französischen Armee
vereinte sich am 6. März 1871 die ganze Stadt
zur Siegesfeier. Schon um 6 Uhr wurde der Festtag
von allen Glocken eingeläutet und mit Böllern
eingeschossen. Um 9 Uhr versammelten

69


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_07/0069