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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_08/0042
keitskampf der Belgier, der 1831 zur Schaffung
eines eigenen belgischen Staates fuhrt, derartige
Pläne unmöglich gemacht. Heine selbst erwirbt
ein sehr schönes Haus zwischen Den Haag und
Scheveningen und errichtet eine Seebadeanstalt,
in der er zunächst vorwiegend orthopädische
Behandlungen durchfuhrt. Er erweitert die Behandlungsmethoden
mit Apparaten, „welche
beim Baden im offenen Meer, an dem Cur-Individuum
appliciert werden". Der Badestuhl oder
„Seebadwagen" kommt zum Einsatz. Heine erkennt
den Heilwert des medizinischen Bades,
der orthopädischen will er die balneologische
Behandlung zuordnen, durchaus wieder ein moderner
Gedanke. Nur einer Methode verschließt
er sich konsequent: der gymnastischen. Als er
erfahrt, daß sein Sohn und sein Neffe in Würzburg
mit Muskelübungen Heilerfolge haben, tut
er dies verächtlich als „Bajazzenstreiche" ab.
Dennoch kann gesagt werden, daß Heine in den
ersten Jahren in Holland recht erfolgreich ist; die
Scheveninger Anstalt ist gut belegt. Er veröffentlicht
Abhandlungen in holländischer und französischer
Sprache, die in der europäischen Fachwelt
Beachtung finden.

Dann aber begibt er sich erneut auf medizinische
Gebiete außerhalb seines eigentlichen Metiers
. Er schreibt acht Briefe über die Cholera,
die er für teures Geld im Eigenverlag veröffentlicht
. Er versucht, die Cholera, die damals in
Holland umgeht, mit Senfmehlbädern zu behandeln
, und gerät auch so wieder mit den Schulmedizinern
in Konflikt. Seine Seebadeanstalt
verliert den Zuspruch, da ihm die Ärzte keine
Patienten mehr schicken.

Nun entwickelt er den kühnen Plan, eine Heilanstalt
in England aufzubauen. Dazu kommt es aber
nicht mehr, weil er selbst erkrankt. Es muß schon
ein gewisser Starrsinn gewesen sein, der ihn
dann seine inneren Beschwerden mit den von
ihm für richtig gehaltenen Methoden behandeln
läßt. Sein Sohn Joseph reist nach Holland und
versucht, ihn ohne sein Wissen „richtig" zu behandeln
, doch nach einem gewissen Erfolg setzt
der Vater die Selbstbehandlung fort. Aus Bayern
erreicht ihn 1838 die Nachricht, daß ihm die
Ausübung der Orthopädie verboten sei, ein Berufsverbot
also in dem Land, dessen König Ludwig
I. ihm als Kronprinz seinerzeit die Verdienstmedaille
überreichte. Heine ist verbittert. Die
Brustwassersucht, wahrscheinlich Folge eines

Herzleidens, verschlimmert sich, und er stirbt
am 7 September 1838 in Scheveningen. Sein
Leichnam wird nach Würzburg überführt und
am 22. September auf dem Friedhof Peter und
Paul beigesetzt. Sein Grab ist heute nicht mehr
auffindbar, aber ein großes Denkmal, das seine
Familie im Jahre 1841 errichten ließ, erinnert an
den bedeutenden Orthopäden (Abb. 9 u. 10).
Auf diesem Denkmal ist Heine in Lebensgröße
als orthopädischer Werkmeister im einfachen
Kittel dargestellt. In der linken Hand hält er die
Kreuzfeder, ein wichtiges Element in vielen seiner
Erfindungen. Auf der Rückwand des Amboß,
auf den sich die rechte Hand mit dem Hammer
stützt, ist der Name des Bildhauers Ernst Meyer
und das Jahr 1841 eingemeißelt. Hundert Jahre
später wird in einer Würzburger Zeitung behauptet
, der Kolossalbildhauer Ludwig von
Schwanthaler, der Schöpfer der Bavaria, habe das
Denkmal entworfen. Interessant ist auch der
Sockel des Denkmals, auf dem eine Reihe von
Hinweisen auf die Tätigkeit des Toten zu finden
sind: Werkzeuge und Produkte ebenso wie Patienten
mit ihren Gebrechen.
Die lateinische Inschrift auf dem Fuß des Sockels
weist auf Heines Herkunft aus dem „herkyni-
schen Wald des lieblichen Schwaben" und nennt
das (falsche) Geburtsdatum 23. April 1770.
Würzburg, die Stadt der Franken, sah ihn dann
als „Vulkan der Chirurgie" und bald als „Reformator
der orthopädischen Mechanik" und „Begründer
der Dynamik", der „in der Kunst, im Fleiß
und in der Erfindergabe glänzte". Schließlich
wird auch das Wirken in Den Haag und der Tod
am 7. September 1838 genannt.

Johann Georg Heine und Lauterbach

Heine hat um das Jahr 1787 Lauterbach verlassen
und ist nie mehr zurückgekehrt. Deshalb
zum Schluß noch einige Bemerkungen zu dem,
was man die „Heine-Rezeption" in Lauterbach
nennen könnte. Die 1868 erschienene „Beschreibung
des Oberamts Oberndorf' nennt außer
einigen Herren aus mittelalterlicher Zeit nur
drei berühmte Söhne Lauterbachs, und sie heißen
alle drei Heine (auch der in Schramberg
geborene Bernhard wird irrtümlich dazuge-
zählt). Vielleicht hat der Neffe Johann Georgs,
Ferdinand, der 1868 noch lebte und als Lehrer in
Lauterbach wirkte, dafür gesorgt, daß sein Onkel
Johann Georg und sein Bruder Jacob (von) Hey-

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