Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_08/0054
daß ich es vorher nicht thun wollte." Zum Zeichen
, daß es ihm nun besser geht, steckt er unter
die Patschaft (Siegel) einen Gold-Dollar! Ausführlich
berichtet er sodann, wie es ihm seither
ergangen ist: Er fuhr zunächst mit der Eisenbahn
von Baltimore nach Pittsburg und von da aus auf
einem Dampfschiff den Ohio hinab nach Cinci-
natti. Da er dort aber keine Arbeit finden konnte,
zog er mit zwei Gefährten weiter in den südwestlichen
Teil von Indiana, um dort endlich
Arbeit beim Eisenbahnbau zu finden. Doch bereits
nach vier Wochen bekam er wiederum das
„kalte Fieber". Er mußte nun sein mühsam
verdientes Geld für seine Behandlung ausgeben,
und als dieses aufgebraucht war, ein „Landspital"
aufsuchen. Trotz schlechter Unterbringung in
einem „Bretterhause" während des strengen
Winters war er im Frühjahr 1856 wenigstens so
weit, daß er sich bei einem englischen Farmer
verdingen konnte. Seine Arbeit bestand darin,
das Holz auf einem Stück Land, welches jener
urbar machte, zusammenzutragen und zu
verbrennen. Sein Lohn: Freie Unterkunft und
Verpflegung! Nach einiger Zeit bekam er so starkes
Rheuma, daß er kaum mehr gehen, geschweige
denn arbeiten konnte. Er schleppte
sich daher, mit ein wenig Reisegeld ausgestattet,
nach Louisville, um sich im dortigen Hospital
kurieren zu lassen. Auf dem Weg dorthin blieb er
jedoch wieder bei einem Farmer hängen, der ihn
nicht nur kurierte, sondern ihm auch Arbeit gab.
Nach drei Monaten kam es wegen des Verlusts
eines Pferdes zu einem Krach, und Karl August
zog verärgert weiter nach Kentucky, um wiederum
beim Eisenbahnbau zu arbeiten. Doch wieder
packte ihn das Fieber so sehr, daß er sich in
Behandlung eines Arztes aus Henderson begeben
mußte. Dieser riet ihm zu einer leichteren
Arbeit. Karl August zog deshalb weiter nach
Princetone/Indiana. Dort half er einem Amerikaner
beim Hausbau. Als das Haus stand, reiste er
über Vincennes nach Illinois und half dort als
Taglöhner einem Farmer beim Welschkornausmachen
. Für ihn, den gebürtigen Schwarzwälder,
war die Gegend höchst fremdartig, nämlich „Prärie
, wo weit und breit kein Berg, kein Wald oder
Bäume zu sehen sind, hier ist nichts, wo das Land
wild liegt, als 9 bis 10 Fuß hohes Gras, wo sich
schon mancher verirrte".

Da er den Winter über wegen des geringen
Verdienstes (7 Dollar pro Monat) nicht bleiben

wollte, kehrte er nach Indiana zurück, um beim
Bau der Ohio-Mississippi-Eisenbahn für VA Dollar
pro Tag zu arbeiten. Voll Stolz berichtet er
nach Hause, daß er den Winter über 150 Dollar
verdient und davon 50 Dollar beiseite gebracht
habe. Er weiß allerdings auch aus bitterer Erfahrung
, wie schnell solche Ersparnisse aufgebraucht
sind, wenn man krank wird. Denn es gab
ja noch keinerlei Sozialversicherung!

Zum Schluß seines Briefes geht Karl August auf
die Präsidentenwahl im Herbst 1856 ein. Es habe
harte Auseinandersetzungen, selbst zwischen
den katholischen und protestantischen Deutschen
in Cincinnati, gegeben. Buchenan, der
Kandidat der Demokratischen Partei, welcher
sich die meisten deutschen Katholiken angeschlossen
hätten, habe gesiegt. Die Republikanische
Partei sei dagegen von den Protestanten
unterstützt worden; sie habe die Oberhand in
den nördlichen und östlichen Staaten gewonnen
, sei aber in den Südstaaten völlig abgelehnt
worden, weil sie die Sklaverei abschaffen wolle.
Die Amerikanische (Nichtswisser-) Partei habe
sich nur im Staat Maryland durchgesetzt. Dort,
nämlich in Baltimore, habe es auch Schießereien
gegeben, sonst sei aber die Wahl zu aller
Verwunderung friedlich verlaufen.

Wieder vergeht ein Jahr, bis ein weiterer Brief,
diesmal aus Fayetteville bei St. Louis, zu Hause
ankommt. Karl August leidet, so bekennt er,
noch immer an Heimweh: „Ich wäre mit meiner
Lage zufrieden, wenn ich Euch manchmal besuchen
könnte. Vier Jahre sind verfloßen, seyd ich
Euch verließ und noch immer kann ich meine
liebe Heimath nicht vergeßen. Es fallt mir
schwer, wenn ich denke, daß ich in dieser langen
Zeit nicht einmal das Glück hatte, einen Brief
von Euch zu erhalten..." Und wieder hat es ihn
rastlos umhergetrieben: Im Sommer 1857 arbeitete
er im westlichen Teil von Missouri, 400
Meilen von St. Louis entfernt, „in einer unbewohnten
Gegend, wo man manchmal, so weit
das Auge reicht, in dieser Ebene kein Haus sehen
kann. Es ist das beste Land, wenn es ist bebaut, so
kann man aber nichts sehen als Manns hoches
Gras". Im Herbst fährt er mit einem Dampfschiff
den Missouri hinauf nach St. Louis. Als er dort das
Papiergeld einer Bank einlösen will, muß er
feststellen, daß diese pleite ist. Ein Verlust von
20 Dollar!

54


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_08/0054