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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_08/0066
Vinzenz Erath in seinem Arbeitszimmer in Altheim (1957)

„Altheim/Alb den 18.1. 55
Lieber Herr Rembold!

Besten Dank für Ihren langen Brief. Natürlich
kann ich mich Ihrer noch sehr gut erinnern

5 aus meiner Vortragstätigkeit am Reutlinger
Volksbildungswerk. Lang lang ist's her und
was liegt nicht alles da2wischen. Sie können
sich denken, dass auch ich nicht ungerupft
davongekommen bin. Ich habe mich gleich

10 zu Anfang des Krieges freiwillig zur Wehrmacht
gemeldet, weniger aus Kriegsbegeisterung
, sondern weil mir die Bürotätigkeit und
der dauernde Papierkrieg am Volksbildungswerk
innerlich nicht zusagte. Den ganzen

15 Krieg habe ich mitgemacht, meist an der
Front und den ganzen Russlandfeldzug von
A—Z und kam in russ. Gefangenschaft, wurde
nach einigen Monaten infolge einer Ruhrerkrankung
so geschwächt, dass mich der Russe

20 schon im Oktober 1945 als arbeitsuntauglich
mehr tot als lebendig entliess. Inzwischen
war meine Familie nach Stuttgart übergesiedelt
und wurde dort Juli 1944 total ausgebombt
und hierher nach Altheim evakuiert.

25 Hier traf ich sie in zwei Dachkammern gestopft
an. Da es an Arbeitsmöglichkeiten fehlte
, musste ich wohl oder übel das nehmen,
was mir geboten wurde. 4 Jahre arbeitete ich
im Wald als Holzfäller, wurde dabei gesund

30 und stark und konnte den Kampf mit dem
Leben wieder aufnehmen. Währenddes fing
ich an zu schreiben und mein erstes Buch
hatte gleich solchen Erfolg, dass wir innerhalb
eines Jahres wieder auf der Höhe waren.

35 „So ging es allenfalls" sagt Goethe „mach's
einer nach und breche nicht den Hals."
Nun haben Sie also mein erstes Buch gelesen.
Wenn Sie bedenken, dass ein großer Teil davon
während der Nacht geschrieben wurde,

40 da ich bei Tag im Walde schwerste Akkordarbeit
leistete, werden Sie zugeben, dass die
Bitternis über die Zeit und die Behandlung
der geistig Schaffenden schon überwunden
war. Nun ja, man wird älter, verliert etliche

45 Zähne mit den Jahren und damit auch die Lust
zu beissen.

Den Namen „Rembold" für den Unterlehrer
habe ich lediglich des Klanges wegen
verwendet, Sie werden entschuldigen, wenn
50 ich in solchen Fällen einfach in das Namensregister
meiner Erinnerung greife. Durch

66


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