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Carsten Kohlmann:
130 JAHRE EVANGELISCHE KIRCHE
IN SCHÖNBRONN
Am 24. Oktober diesen Jahres ist sie 130 Jahre alt
geworden. Die Rede ist von der evangelischen
Kirche in Schönbronn, deren Geschichte ein
aufschlußreiches Zeugnis von den früheren
kirchlichen Verhältnissen in der Raumschaft
Schramberg ablegt. Damit ist sie zweifellos ein
interessantes Thema für die „Kräz", wobei leider
auch in diesem Fall einige Fragen an die Vergangenheit
unbeantwortet bleiben müssen.
Zu welchem Zeitpunkt frühmittelalterliche Zu-
wanderer begannen, das heutige Schönbronner
Gemeindegebiet zu besiedeln, liegt vollständig
im Dunkeln. Vermutlich war es der „klare Quell",
der „scone brunne", wie es im Mittelhochdeutschen
hieß, der die Attraktivität des Ortes als
Siedlungsgebiet begründete. Erste, von Stadtarchivar
Wilhelm Haas gesicherte urkundliche Anhaltspunkte
, die Einblick in die mittelalterlichen
Besitzverhältnisse an diesem Ort erlauben, sind
die Gebietsschenkungen im 12. Jahrhundert an
das Kloster St. Georgen, die durch Konrad von
Rundstal und durch die Herren von Falkenstein
vorgenommen wurden.
Offensichtlich bildeten das damalige Schönbronn
und das spätere Sulgauer Ortsgebiet kleinere
Liegenschaften in dem umfangreichen Besitz
der Falkensteiner, die wahrscheinlich im
frühen 14. Jahrhundert eine später in Rottweiler
Urkunden als Ortsadel von Schönbronn erscheinende
Familie belehnten. Im Zusammenhang
mit wirtschaftlichen Problemen und dem allgemeinen
Niedergang des Rittertums änderte sich
in der Mitte des 15. Jahrhunderts das alte Besitzverhältnis
. 1444 erfolgte der umfassende Verkauf
der Güter Konrads von Falkenstein an Graf
Ludwig I. von Württemberg, dem es trotz zahlreicher
Schwierigkeiten mit Konrads Neffen Jakob
von Falkenstein gelang, seinen territorialen
Einflußbereich, u. a. durch den Erwerb der Orte
Schönbronn und Sulgau, zu erweitern und dadurch
die am Ostrand des Schwarzwalds verlaufende
Landesgrenze in Richtung St. Georgen
weiter vorzuschieben. 1535 hielt in Schönbronn
und Sulgau die Reformation ihren Einzug. Wenige
Jahre später, im Jahre 1547, wurde durch den
in vorderösterreichischen Diensten stehenden
Rochus Merz in den Stäben der Herrschaft
Schramberg die Gegenreformation durchgeführt
, deren trennender Charakter für Schönbronn
und Sulgau spätestens 1583, als die Herrschaft
Schramberg endgültig in den Besitz des
Hauses Habsburg kam, schmerzlich erfahren
wurde.
Noch im selben Jahr wurden die vorher vermutlich
von St. Georgen aus kirchlich betreuten
Orte Schönbronn und Sulgau im Rahmen einer
teilweisen Reorganisation des württembergischen
Kirchenwesens neu gegliedert. Für die
zahlreichen, in der Nähe liegenden evangelischen
Ortschaften wurde die Gemeinde Weiler
als Pfarrort ausgewählt, die ab 1583 die Betreuung
der Filialen Burgberg, Erdmannsweiler, der
Locherhöfe und von Neuhausen, Schabenhausen
, Schönbronn und Sulgau übernahm. 1805 —
über 200 Jahre später - wurde die Herrschaft
Schramberg württembergisch, und 1810 fiel die
für Schönbronn und Sulgau zuständige Pfarrei
Weiler an das Großherzogtum Baden. Obwohl
man sich teilweise gegenseitig als Ausländer betrachtete
, blieb das allein schon wegen der Entfernung
schwierige Verhältnis — vom damaligen
Sulgau nach Weiler sind es gut zwei Stunden
Fußweg - weiterhin bestehen. Um nach Weiler
zu gelangen, mußten die Einwohner der nach
einer Zählung des Jahres 1813 11 Bauern-, 7
Halbbauern- und 59 Taglöhnerhaushalte umfassenden
Filialen Locherhof, Schönbronn und Sulgau
die badische Staatsgrenze überqueren. Die
Sulgauer Bürger waren darüber hinaus noch
verpflichtet, für den „ausländischen" Pfarrer
einen Beitrag zu dessen Gehalt zu entrichten,
wofür er als Gegenleistung einmal im Monat im
Sulgauer „Bären" die Predigt oder die Unterweisung
der Kinder vornahm.
Stoff für kommunalpolitische Diskussionen f)bt
diese von vielen als untragbar empfundene Si-
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