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Abb. 4: Stein Nr. 73 - Die St. Georgener Seite mit dem
Wappen des Klosters (Kreuz mit Abtsstab) und der
Jahreszahl 1558 blieb erhalten. Zusätzlich wurde bei
der Grenzziehung 1842 diese Jahreszahl eingemeißelt
Schicksal des Dreiländersteins
Ich möchte noch kurz auf die „Odyssee" dieses
Dreiländersteines zu sprechen kommen. Bei der
ersten Grenzbegehung stellte ich zu meiner Besorgnis
fest, daß der Stein über der Erdoberfläche
von einem Fahrzeug abgebrochen worden
war. Um ihn zu sichern, holte ihn im April 1968
das THW Schramberg gemeinsam mit Angestellten
des Staatl. Vermessungsamtes nach Schramberg
, um ihn mitsamt dem dreimal größeren
Bodenstück (Fundament) vor dem gräfl. Schloß
aufzustellen. Ein neuer Stein befand sich unmittelbar
neben dem alten; dieser war also als
Grenzstein nicht mehr verwendet worden.
Nun glaubte aber auch die Gemeinde Lauterbach
, ein Recht auf diesen Stein anmelden zu
müssen, nachdem der Eigentümer des Grundstücks
sogar ein Gedicht über ihn geschrieben
hatte: Er nannte es „Klagelied eines Hirtenjungen
", bestehend aus dreizehn vierzeiligen Strophen
und im Amtsblatt von Lauterbach am 14.
Januar 1977 veröffentlicht.
Eines Nachts erschien die Feuerwehr von Lauterbach
und holte in einer „Nacht- und Nebelaktion
" den Stein nach Lauterbach zurück, um ihn
zunächst einmal für zwei Jahre zu verstecken. Es
gab also keinen Grenz-, sondern einen Grenzsteinstreit
zwischen den beiden Gemeinden, der
aber doch nicht zu ernst genommen wurde. An
der Fasnacht 1970 wurde übrigens durch die
Narrenzunft Lauterbach ein hölzerner Ersatzstein
am Schloß aufgestellt! Im Frühjahr 1971
wurde dann der Stein von der Gemeinde Lauterbach
vor dem dortigen Friedhof, gut gegen Diebstahl
gesichert, aufgestellt und einbetoniert.
Dort hat er nun seinen festen Platz gefunden.
Dieser Dreiländerstein war übrigens einer der
letzten Steine, die im Jahre 1558 mit der „Stain-
satzung" gesetzt wurden. Er müßte die Nr. 73
getragen haben, denn bei der Nennung des Steines
folgen die Worte „....die Herrschaft Württemberg
und Schramberg scheidenden, ...Herrschaft
St. Georgen allein...". Mit der lfd. Nr. 76
endet die „Stainsatzung".
Warum ist hier die Steinmarkierung zu Ende?
Auskunft darüber haben mir in den letzten Monaten
zwei Dokumente aus dem Hauptstaatsarchiv
Stuttgart gegeben, nämlich die „Stainsatzung
" vom 22. August 1558 und die „Relation"
(Bericht) vom 10. September 1558. Die Schriftstücke
wurden im Sommer 1989 vom ehemaligen
Burgpionier und rührigen Heimatforscher
Lothar Späth entdeckt und mir großzügig überlassen
. Die teilweise sehr schwierige Übersetzung
des Textes mit seinen vielen Abkürzungen
und Schnörkeln besorgte freundlicherweise Alfons
Brauchle von Hardt.
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