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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_10/0066
Paul Rapp:

ORTS-, STRASSEN- UND FLURNAMEN IN SULGEN -
BESCHREIBUNG UND DEUTUNG

Einführung

Niemand kann eine ausreichende Ortsgeschichte
schreiben, ohne sich auch mit den Orts-,
Straßen- und Flurnamen beschäftigt und deren
Sinn und Bedeutung erforscht zu haben. Die
Flurnamen z. B. sind aus dem Bedürfnis der Menschen
entstanden, sich über Orte und Gewanne
verständigen zu können, ohne eine lange Beschreibung
ihrer Lage geben zu müssen. Sie
waren auch zur amtlichen Kennzeichnung der
Parzellen, die erst im 19. Jahrhundert Nummern
erhielten, unumgänglich. Auffällige Eigenschaften
einer Örtlichkeit, besonders wenn sie die für
den Bauern wichtige Güte des Bodens betrafen,
oder geschichtliche, oft ins Sagenhafte gewandelte
Erinnerungen, die an bestimmten Punkten
hafteten, gaben Unterscheidungsmerkmale und
bezeichnende Namen.

Die Flurnamen stammen aus verschiedenen Zeiten
. Mit ihnen kann aber nicht nur die älteste
Geschichte erhellt werden, ihre Namen künden
auch von der politischen und wirtschaftlichen
Entwicklung in der Vergangenheit. Sie sind Zeugen
der Besiedelung, Denkmäler der ersten Rodung
, sprachliche Quellen und geschichtliche
Urkunden von unseren Vorfahren, die diesen
Boden urbar gemacht haben. Unsere Pflicht ist
es daher, diese Namen vor dem Vergessen zu
bewahren.

Wie die Urkunden zeigen, gehen viele dieser
Namen zurück bis in früheste Zeiten. Deshalb ist
ihre Deutung oft schwer und ohne die Hilfe
früherer Flurnamenforscher fast unmöglich.
Es gibt Flurnamen, die wie Ruinen einer untergegangenen
Sprache in unsere Zeit hereinragen. Es
sind für uns Laute, die wir oft nicht mehr verstehen
, Rätsel, die wir ohne besondere Sprachkenntnisse
kaum zu lösen imstande sind. Walther
Keinath und Professor Helmut Dölker, der
frühere Leiter der Württembergischen Landesstelle
für Volkskunde Abt. Volkstum, haben in
neuerer Zeit auf die Wichtigkeit der Kenntnis
der Mundart bei dieser Forschungsarbeit hingewiesen
.

Die Flurnamen sind nämlich Teil der Mundart
und können daher oft nur aus der Mundart ihres
Gebietes, ja Kleingebietes heraus richtig erfaßt
werden. Sie von der Hochsprache aus anzugehen
, bleibt meist erfolglos. Wer die vorwiegend
von der breiten Schicht des Volkes geprägten,
benutzten und weitergegebenen Namen ergründen
will, muß sich also mit den zahlreichen
örtlichen Ausformungen der Mundart vertraut
machen. Man wird hierzu in Württemberg im
allgemeinen von der schwäbischen Mundart, im
Norden von der fränkischen, im Süden und Südwesten
von der niederalemannischen ausgehen
müssen.

Der Gedanke, Flurnamen zu sammeln und wissenschaftlich
zu verwerten, ist alt. Schon die
Brüder Grimm haben auf den großen Wert einer
solchen Sammlung hingewiesen. Nach Prof. Dr.
Fehrle, Heidelberg, soll die Flurnamensammlung
nicht nur die Namen der Gewanne und
Flure, Äcker und Wiesen, sondern auch besondere
Bezeichnungen einzelner Bäume, Berge,
Bildstöcke, Brücken, Brunnen, Gewässer, Häuser
und Steinhaufen, kurzum alle Namen in der
Flur, enthalten.

Die Flurnamen sind also von großer Bedeutung
für die Heimat- und Volkskunde, für die Ge-
schichts- und Sprachforschung. Sie erzählen
vom Feldbau der Vorfahren, von längst
verschwundenen Pflanzen und Tieren. Sie erinnern
an geschichtliche Ereignisse, an alte Sitten
und Bräuche, an längst verschwundene Siedlungen
. Sie geben Aufschluß über alte Stammesgrenzen
. Sie können daher vor allem eine Grundlage
für den Unterricht in Geschichte, Erd- und
Naturkunde bilden. Denn der Heimatort, seine
Vergangenheit, seine Lage und Umgebung,
vermittelt das richtige Verständnis für geschichtliche
Zusammenhänge und für die Veränderungen
von Grund und Boden. Selbst für die
Familienforschung können die Flurnamen von
großer Wichtigkeit sein.

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