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die Frucht und die Kartoffeln so gut geraten
waren, auch der dritte, der Speckmarti (St. Martin
) nicht kargen und die Menschen mit fetten
Schweinen beglücken werde. In jedem Haus
waren die Leute froh und schauten nach den
vielen Entbehrungen und dem ausgestandenen
Hunger wieder wohlgemut in die Zukunft. Frohes
Lachen und heitere Lieder schallten nach
Feierabend wieder von den Bergen herunter, wo
die jungen Leute sich vergnügten, mit denen die
Alten mitfühlten.

Nur ein Mann war in der Gemeinde, der einsilbig
und trübselig umherschlich: der Fruchthändler
Benz. Die Nachbarn fragten seine Knechte oder
die Magd, ob ihr Herr krank sei, erhielten aber
nie eine klare Antwort. Nur soviel konnten sie
erfahren, daß er schon seit Wochen in seinen
Fruchtkammern sitze. Was er dort treibe, wußten
sie nicht, weil er den Verschlag an der Stiege
stets verschlossen hielt.

III

An einem dieser Tage war der Bauernhof-Weber
Xaver Rauch mit einem Sohn und zweien seiner
Mädchen in der obersten Reihe seiner Felder,
ganz nahe am Bauernwald, wo der Roggen infolge
des Schattens vom Hochwald erst später reif
geworden war, mit dem Binden von Garben
beschäftigt. Er sagte zu seinen Kindern: „Mir
müeßet goddig schaffe, der Wind hot umgschla-
ge, der Seewind kunnt vom Hardt ra, no blibt
s'Wetter nimmi lang guet." Das jüngste Mädchen
, die Johanna, fragte: „Vadder, wurum seit
mer au, der Seewind goht?" Der Vater hatte die
Frage wohl überhört, statt seiner antwortete
Ferdinand, ihr Bruder: „Mer seit so, weil der
Wind uf m Hardt über de Nägili-See goht." Genoveva
, das andere Mädchen, wollte vom Väter
wissen, ob das stimme. Der Weber erklärte nun
den Mädchen, daß in der^Richtung übers Hardt
die Schweiz*und Italien lägen und sich dort viele
große Seen befänden. Als er darauf den Ferdinand
wegen seiner Schwindelei tadelte, meinte
dieser: „Gugget, Fadder i han halt so e grausige
Freud, i woaß it, wo i sie nauslau soll. D'Muoder
hot is uff der Sunndig ebbis versproche." Erschrocken
rief die Johanna: „So, jetzt hosch's Du
verschwätzt, und d'Muoder hot gseit, mr dürfets
em Vadder it sage, sie woll's helinge hau bis am
Sunndig." Schmunzelnd meinte der Vater: „Saget
mer, was d'Muoder helinge hot, i loß es it merke,

daß i's woaß. Sie hot gwiß e neus Kload kauft."
Gemeinsam wehrten sich die Kinder für ihre
Mutter: „Des duet user Muoder it helinge vor
Euch, sie het au it soviel Geld. Erseht gerstert het
si zum Bäsli gseit, sie heb nu no vier Kreuzer
Hüdilisgeld." Die Genoveva gestand nun dem
Vater, daß sie für den Sonntag ein gutes Essen zu
kochen versprochen habe, nämlich abgeschmälzte
Strumpfbendel (breite Nudeln), neue
Kartoffeln und Specksalat. „Katzenwadel Mus"
koche die Mutter jetzt auch keines mehr. Erstaunt
fragte der Vater, woher die Mutter den
Speck habe. Die Johanna erzählte ihm, daß gestern
, als sie den Roggen geschnitten hätten, die
Kaspilis-Bäuerin mit einem Säckchen Salz den
Berg heraufgekommen sei. Sie habe dasselbe
abgestellt und sei zu ihnen auf das Feld hingesessen
. Dann habe sie erzählt, sie habe Wolle von
ihren Schafen zum Wulliknapp im Flecken getragen
. Er müsse ihr einen Wifelrock für den Sonntag
daraus machen. Sie hätte gern den Heimweg
wieder den Kirnbach hinauf genommen, da man
aber nirgends Salz bekomme als beim Salz-Hils
an der Steig, so habe sie über den Bauernhof
herauf müssen. Der Weg komme sie aber herb
an, besonders weil sie auch noch das Salz tragen
müsse. Als die Mutter dann der Genoveva befohlen
habe, der Bäuerin das Salz bis ob dem Wald
hinaufzutragen, habe dieselbe ein schönes Stück
Speck aus der Tasche gezogen und der Mutter
gegeben. Während die Johanna dies dem Vater
erzählte, schaute die Genoveva den Bergjiinun:
ter. Auf einmal rief sie erschrocken: °„Es brennt
im Flecke!" Der Weber und die anderen drehten
sich um, um zu sehen, wo es brenne. „Mer mont,
es sei beim Nagler Heinzler, isch ihm am End
ebbis in der Schmiedi passiert," sagte der Weber,
worauf der Ferdinand meinte: „Es dunkt mi, wie
wenn's besser hunne im Flecke wär. Der Rauch
goht jo schau na bis zu dr Schmalzwog (Schmalzwaage
= Stadtpfleger Wallers Haus), und er stigt
au gar it in d'Höh. Aber es mueß doch ghörig
brenne, der Schlosser Lippli springt dort bim
Bruckbeck en Mühligrabe na und loßt d'Stellfalle
nab, daß es Wasser us dem Bach de Flecke
nabläuft." „Daß es nit stürmt? Do wenigstens uff
em Münster. Bim Türmli-Schlosser isch do älle-
wil ebber derhoam," sagte der Vater. „Aber i
mueß do nabgau, ussem Tos und us der Goashal-
de springet schau Wiber mit de Fiurkübel em
Flecke zue."

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