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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_11/0034
Von nun an sollte sich dem König und seinem
Volk eine Zeit erfolgreicher Friedenstätigkeit
eröffnen. Karl sah dieser Entwicklung nicht nur
mit Wohlwollen zu, sondern er förderte auch
jeden echten Fortschritt und ergriff oft selbst die
geeigneten Maßnahmen. Die Königin betätigte
sich vorwiegend auf sozialem Gebiet.
Die Industrialisierung schritt weiter voran, die
Wirtschaft nahm überall einen erheblichen Aufschwung
. In Württemberg, dem Land der Tüftler
und Erfinder, konnten bestehende Betriebe erweitert
und neue Fabriken gegründet werden.
Über die Uhrenindustrie schrieb H. Gießler in
„Württemberg und sein König 1864-1889":
„ ... Während vor kaum anderthalb Jahrzehnten
ganze Schiffsladungen amerikanischer Uhren
nach Deutschland importiert worden sind, liefert
solche jetzt das SchwarzwTaldstädtchen
Schramberg nicht nur für den europäischen, sondern
auch den überseeischen Markt bis hinüber
nach dem Ursprungslande des Fabrikates, bis
nach Amerika selbst." Doch auch die Landwirtschaft
wurde durch neue Gesetze gefördert, bestehende
wurden auf den neuesten Stand gebracht
, das Unterrichtswesen auf diesem Gebiet
verstärkt. Obstbau, Kartoffelanbau, Weinbau,
Molkereiwesen, Rinder- und Schafzucht usw
wurden gefördert. Das Verkehrswesen wurde,
besonders durch den Bau neuer Eisenbahnstrek-
ken, stark verbessert, so z. B. 1886 in der hiesigen
Region durch die Kinzigtalbahn, die Eisenbahnstrecke
Freudenstadt - Schiltach. Es herrschte
Gewerbefreiheit, und so gelangten Handel und
Gewerbe zu höchster Blüte. Besonders stark
wurde das Schulwesen gefördert. Die Zahl der
Studenten an der Tübinger Universität, die 1877
unter ihrem Rektor von Weizsäcker ihr 400jähriges
Bestehen feierte, nahm erheblich zu, Studenten
aus vielen Ländern kamen dorthin. Das Stuttgarter
Polytechnikum wurde 1876 zur Technischen
Hochschule ausgebaut. Königin Olga
gründete das Olgastift und förderte private
Töchteranstalten. Gymnasien, Realschulen, öffentliche
Bibliotheken entstanden im Lande, und
auch das Volksschulwesen wurde stark verbessert
. Eine Großtat war zweifellos die Albwasserversorgung
, die, wie Matthäus Maier im „Lesebuch
für die katholischen Volksschulen Württembergs
" schreibt, „der treuen Fürsorge des
Königs Karl, der auch diesem menschenfreundlichen
Plane sein Wohlwollen in besonderem

Maße zuwandte", zu verdanken war. Doch auch
die Bodensee-Dampfschiffahrt, das Post- und
Transportwesen, die Telegraphie und vor allem
das Gesundheitswesen machten große Fortschritte
. Den politischen Parteien und Konfessionen
wurde größte Toleranz entgegengebracht
.

Nicht weniger segensreich war seine Regierung
auf dem Gebiet der schönen Künste. Zwar war in
der Dichtung mit Schillers Tod der Höhepunkt
bereits überschritten, doch Dichter wie Mörike,
Uhland, Kerner wirkten noch stark in diese Zeit
hinein. Das Volkslied, im Schwabenland stets
gepflegt, gelangte durch Friedrich Silcher zu
neuer Blüte; Gesangvereine entstanden, Sängerund
Musikfeste wurden gefeiert. In Turnvereinen
wurde Leibesertüchtigung betrieben. Die
Kgl. Kunstschule, zur Hochschule erhoben,
brachte eine neue Malergeneration hervor, die
mit Namen wie Heinrich v Zügel, Theodor
Schütz oder später mit Reiniger glänzte. Die Kgl.
Gemäldegalerie wurde wesentlich erweitert, die
Bildhauerei erlebte eine Glanzzeit. Zum Andenken
des größten Sohnes Württembergs, Friedrich
Schillers, wurden, Thorwaldsens Beispiel
folgend, überall Standbilder errichtet. Bei der
Vollendung des Ulmer Münsters hatte Karl schon
als Kronprinz die Schirmherrschaft übernommen
. Überall entstanden nun, typisch für die
Gründer jähre, neue Repräsentationsbauten.
Dem musikalisch aufgeschlossenen Königspaar
war die Förderung von Musik und Schauspiel ein
besonderes Anliegen. Der König sorgte höchstpersönlich
dafür, daß Richard Wagners Opern im
Kgl. Schauspielhaus Eingang fanden.
Durch den selbstlosen Einsatz von Königin Olga
wurde den Armen und vom Leben Benachteiligten
geholfen: Es entstanden Kindergärten und
sogar ein Kinderrettungsverein. Waisenhäuser,
Blindenheime, Samariteranstalten und Pflegevereine
wurden gegründet oder, wo schon vorhanden
, gefördert.

In dieser Übersicht wurde versucht, die wichtigsten
Leistungen Karls zu nennen. Ohne sie im
einzelnen bewerten zu wollen, kann doch gesagt
werden, daß Württemberg unter seiner Regierung
auf vielen Gebieten, besonders aber auf
dem der sozialen Fürsorge, Vorbildliches geleistet
hat. Als König Karl am 25. Juni 1889 auf eine
25jährige Regentschaft zurückblickte, konnte er
in einem im Staatsanzeiger veröffentlichten

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