http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_11/0062
Abb. 1: Josef Knops (1861-1941) - Portraitphoto-
grapbie von 1908
Arbeitsvertrag abgelaufen oder hatte er von Kollegen
im Betrieb erfahren, daß die zahlreichen
Porzellanfabriken und Steingutmanufakturen in
Baden und Württemberg doch attraktivere Arbeitsplätze
anboten. Außer in Hornberg und in
Emmendingen, wo seit 1817 Steingutmanufakturen
existierten, gab es in Villingen seit der Mitte
des 19- Jahrhunderts und in Zell am Harmersbach
bereits seit 1794 Porzellan und Steingut
produzierende Betriebe. Josef Knops bemühte
sich zunächst in einer der beiden Porzellan- und
Steingutmanufakturen in Zell am Harmersbach
um eine Arbeit als Porzellanformer (Abb. 1).
1869 war die sogenannte „obere Fabrik" — die
„untere Fabrik" begann erst 1876 mit der Steingutherstellung
— in den Besitz des von der Preußischen
Porzellan- und Steingutmanufaktur in
Berlin kommenden Bruno Prössel übergegangen
. Durch den Deutsch-Französischen Krieg
1870/71, der die Porzellan- und Steingutmanufaktur
in Zell am Harmersbach von ihren Rohstoffquellen
in Limoges abschnitt, geriet das
Unternehmen in eine wirtschaftliche Krise, die
1874 zur Zwangsversteigerung führte. Als aber
Josef Knops 1880 nach Zell am Harmersbach
kam, hatte sich die wirtschaftliche Lage der Manufaktur
wieder stabilisiert. Der Lahrer Kaufmann
Carl Schaaf hatte nämlich die Produktionsanlagen
modernisiert und die Vertriebsorganisation
verbessert, so daß sich die Zahl der Beschäftigten
in der mit zwei Steingutöfen und drei
Porzellanbrennöfen arbeitenden Manufaktur
rasch auf 365 Arbeiter und 80 Porzellanmaler
erhöhte2.
Die Beschäftigung und sogar die ausdrückliche
Anwerbung auswärtiger oder gar ausländischer
Arbeitskräfte aus der Porzellan- und Steingutindustrie
war bei der Zeller Manufaktur nichts
Ungewöhnliches. In der Fabrik waren beispielsweise
mit der neuen Brennofentechnik
vertraute französische Spezialisten beschäftigt,
und in der Porzellanmalerei arbeiteten viele aus
dem böhmischen Reichsteil Österreich-Ungarns
zugewanderte Facharbeiter3. Neben diesen Ausländern
waren viele Arbeiter, wie Josef Knops
auch, aus anderen Teilen des Deutschen Reiches
von der nun mit großem wirtschaftlichem Erfolg
arbeitenden Porzellan- und Steingutmanufaktur
im badischen Schwarzwald angezogen worden4.
Von den Manufakturen in Zell am Harmersbach
zu der 1820 im württembergischen Schramberg
gegründeten Steingutmanufaktur bestanden enge
Beziehungen. Isidor Faist, der in der Zeller
Manufaktur wichtige Kenntnisse für seine eigenen
beruflichen Zukunftspläne gesammelt hatte,
machte sich mit der Manufaktur in Schramberg
selbständig und baute damit ein bedeutendes
Konkurrenzunternehmen in Württemberg auf.
Gleichzeitig gelang es ihm immer wieder, Arbeiter
der Manufaktur in Zell am Harmersbach abzuwerben
und zum Aufbau seines eigenen Betriebes
einzusetzen, wie das Beispiel von Nikolaus
Junghans zeigt, der 1841 mit seinen Söhnen
Erhard und Franz Xaver in die Schramberger
Steingutmanufaktur überwechselte. Auch Josef
Knops, der als Porzellanformer auf Wanderschaft
nach Schramberg kam, entschied sich 1881, in
die Schramberger Steingutmanufaktur einzutreten
. Er erwies sich damit als einer aus der Masse
derjenigen Arbeitskräfte, welche sich durch Beweglichkeit
auszeichneten und dadurch zur
Veränderung der Bevölkerungsstruktur in vielen
Gegenden wesentlich beitrugen.
60
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_11/0062