Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_11/0074
allem Bitten ließ sich die älteste, die Monika,
nicht zum Spielen bewegen, sondern strickte
eifrig weiter. Auf die Frage, warum ihr das Strik-
ken so wichtig sei, antwortete sie: „ Ich mueß no
über Zit verdiene, es git, glaub i, gege dr Fasnet
na. en Ball für die Ledige. I bruch usgschnitteni
Schueh und en Strich (Reif) in d'Hoar." Verwundert
hielten die anderen beim Spielen inne und
fragten die Monika, wer ihr das gesagt habe.
„S'Rueche Wilhelm", war die Antwort. „Er isch
hint bim Küefer gsi." Die Theres erwiderte darauf
: „Der ghot wirkli viel d'Stoag nuff, und s'Küe-
fers Hus gugget er schier weg. I denk, er lauft um
d'Magdalene." Der Vollmer mischte sich in das
Gespräch: „Seil glaub i no nit, daß dr Küefer si
Meidli in die Familie ni loßt. Er goht nu zum
große Schmid nuff und loßt dort sini Roß bschla-
ge." Die Vollmerin machte dem Diskurs mit der
Bemerkung ein Ende, daß sie es nicht gerne
habe, wenn man dem Wilhelm den Spottnamen
seines Vaters anhänge. Er sei ein braver Bursche
und habe nichts Gutes bei seinem Vater. „Derlei
Kinder, wro so herbi Eitere hen, mueß mr it
verfolge, die müeßet ällmol meh entbehre wie
Bettelkinder." Die Küferin hatte ihr nämlich anvertraut
, daß der Wilhelm bei ihrem Mann einen
Brühzuber bestellt habe. Der Küfer sei ganz erstaunt
gewesen, weil der Küfer Maier in der
hinteren Gasse immer alles für den Benz gemacht
habe. Er habe sein Erstaunen auch dem
Wilhelm gegenüber ausgedrückt. Dieser habe
daraufhin unumwunden zugegeben, daß ihm die
Magdalene gefalle und er, wenn es der Küfer
erlaube, gerne öfter in sein Haus kommen wolle.
Wilhelm habe aber eine Abfuhr erhalten. Der
Küfer habe ihm unmißverständlich erklärt, daß
er gegen eine Verbindung sei, bis seine Tochter
das fünfundzwanzigste Jahr zurückgelegt habe.
Sie sei ihr einziges Kind, sie wollten sie deshalb
so lange wie möglich bei sich behalten.
Kaum sei der Wilhelm aus dem Haus gewesen, so
habe der Küfer mit Magdalene ein Verhör angestellt
und von ihr erfahren, daß sie beim letzten
Markt von ihm einen Geldbeutel als „Markt-
krom" erhalten habe. Der Vater machte ihr Vorwürfe
und verbot ihr streng, mit dem jungen
Benz zu sprechen. Denn für sie und ihre Eltern
wäre es keine Ehre, wenn sie in eine so geizige
und wucherische Familie einheiraten würde.
Außerdem hätte sie dort nichts Gutes zu erwarten
. - Mittlerweile war es Zeit geworden, mit

dem Schlitten, wie verabredet, abzufahren. Unbehelligt
kamen sie bald darauf mit den Koffern
und dem Bett zurück. Nachdem sie alles leise in
die Stube gebracht hatten, ging der Xaver seiner
Heimat zu, und die Familie des Webers legte sich
schlafen.

Die Vollmerin hatte eine unruhige Nacht. Das
Schicksal der Nanni, die überall sehr beliebt war,
ging ihr nahe. Da der Matthis um fünf Uhr zur
Arbeit gehen mußte, stand sie schon lange vorher
auf, um ihm eine Brennsuppe zum Morgenessen
zu kochen. Plötzlich hörte sie ein leises
Klopfen an der Haustür. Als sie öffnete, schlüpfte
leise die Nanni herein und verkündete freudig,
daß sie die ganze Nacht aufgeblieben sei, um den
Ausgang des Brandes abzuwarten. Dieser sei nun
über Erwarten gut gelungen. Sie hätten noch nie
ein so schönes Geschirr aus dem Ofen herausgeholt
. Da ihr Mann nun die Vorteile kenne, seien
sie aus allen Schwierigkeiten heraus. Es lägen so
viele Bestellungen vor, daß man der Zukunft
beruhigt entgegensehen könne. Als ihr daraufhin
die Vollmerin von ihrem gemeinsamen Gebet
am Vorabend berichtete, vertraute ihr die Nanni
an, daß sie und ihr Mann gestern abend vor dem
Betzeitläuten an den Hochaltar gekniet seien
und die Stiftung eines ewigen Brotalmosens gelobt
hätten, wenn die Gefahr von ihnen abgewendet
werde. Sie dankte dann der Vollmerin
von Herzen und bemerkte, daß sie die einzigen
gewesen seien, denen sie ihre hilflose Lage anvertraut
hätten. Sie habe auf die Verschwiegenheit
ihres Sohnes Matthis vertraut, und auch auf
den Stricker Lepolde Xaver, der mit ins Vertrauen
gezogen worden sei, könne sie sich sicher
verlassen. Sie sei den beiden großen Dank schuldig
. Mit diesen Worten verabschiedete sich die
Nanni und schritt trotz dem kalten Wintermorgen
ihrer Heimat und einer hoffnungsvollen Zukunft
entgegen.

V

Schon zum zweitenmal war das Weihnachtsfest
vorübergegangen, ohne daß sich an dem Verhältnis
zwischen des Benzen Wilhelm und des Küfers
Magdalene etwas geändert hätte. Die Magdalene
hatte, dem Befehl der Eltern gehorchend,
den Wilhelm seither nicht mehr gesprochen,
aber wenn dieser mit seinen Pferden in die
Schmiede ging oder mit dem Fuhrwerk die Steig
hinauffuhr, bemerkte ihre Mutter gar wohl, wie

72


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_11/0074