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ohne ihre Einwilligung. Auch verhehlte er ihnen
nicht, daß er notfalls Arbeit in der Fabrik suchen
werde. Daß einer aus ihrer Familie sich in den
Dienst eines anderen begeben würde, das erschien
seinen Eltern als eine furchtbare Erniedrigung
. Denn soweit sie zurückblicken konnten,
waren ihre männlichen Vorfahren immer freie
Männer gewesen, und die Mädchen waren lieber
ledig geblieben, als daß sie unstandesgemäß geheiratet
hätten.
Nachdem sie noch mehrmals vergeblich versucht
hatten, Wilhelm von seinem Entschluß
abzubringen, gaben sie schließlich, wenn auch
widerwillig, nach und gestatteten ihm, Magdale-
ne in die Heimat mitbringen zu dürfen, um sie
kennenzulernen. Am darauffolgenden Sonntag,
als Wilhelm den verabredeten Besuch bei Mag-
dalene machte, bat er deren Eltern um die Erlaubnis
, sie den seinigen vorstellen zu dürfen,
was ihm ohne weiteres bewilligt wurde.
Für Magdalene war es ein schwerer Gang. Klopfenden
Herzens trat sie vor Wilhelms Eltern. Der
Empfang war sehr kühl. Seine Mutter stellte ihr
allerlei Fragen, zunächst zur Arbeit in Haus, Stall
und Feld, dann aber auch über das Fuhrwesen
und den Fruchthandel. Magdalenes Antworten
befriedigten sie, weil sie daraus ersah, daß jene
sachkundig und erfahren war. Auch an ihrer Art
und ihrem Auftreten hatte sie nichts auszusetzen
. Blieb also nur das Bedauern darüber, daß sie
nichts in die Ehe mitzubringen hatte.
(wird fortgesetzt)
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