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Ulrich Windhab:
FESTER GRUND FÜR KIRCHE UND KLOSTER -
DAVID FUCHS UND SEINE GRÜNDUNG
IN HEILIGENBRONN (Schluß)
Widrige Umstände haben die Fortsetzung des in Heft 8 begonnenen Beitrags über David Fuchs und
seine Gründung in Heiligenbronn verzögert. Nun kann endlich der zweite Teil, der von unseren
Lesern sicher mit Spannung erwartet wird, vorgelegt werden. Möge er sie mit seinem durch neue
Forschungsergebnisse ergänzten Inhalt für ihr langes Warten entschädigen.
Fast zeitgleich, im Jahr 1855, begann man im
kleinen Heiligenbronn und im zwei Täler entfernten
Hornberg, etwas gegen die Kindernot
der Zeit zu unternehmen. Hier krempelte ein
mittelloser Vikar buchstäblich die Ärmel hoch,
um neben seinem neuen Amt als Wallfahrtspriester
ein Kloster zu gründen und ein Heim für
sozial benachteiligte Kinder zu bauen, dort
setzten sich wohlbetuchte Honoratioren mehrerer
Orte zusammen, um ein Waisenhaus zu erstellen
(Abb. 1).
Die Hornberger Initiative ist längst vergessen.
Man hatte allein zehn Jahre benötigt, wozu Vikar
Fuchs nur ein Jahr brauchte: zum Bau eines
Hauses einschließlich der Aufnahme der ersten
Kinder. Das Heiligenbronner Werk begann sogleich
zu wachsen. Neben verwaisten und
verwahrlosten Kindern wurden bald auch taubstumme
und blinde aufgenommen. Diese wertvolle
Arbeit wird bis heute fortgesetzt.
Ein Tag in diesem Heim sah 1865 folgendermaßen
aus: Kinder bis zu 15V2 Jahren standen im
Sommer um 5.30 Uhr, im Winter um 6 Uhr auf.
Nach Waschen, Ankleiden und einem gemeinsamen
Morgengebet blieb noch Zeit zum Lernen.
Um 6.30 Uhr (Sommer) bzw 7.15 Uhr (Winter)
wurde das Frühstück eingenommen. Danach
schloß sich täglich die heilige Messe an. Unterricht
war von 8 bis 10 (9 bis 11) Uhr, danach
konnten die Schülerinnen eine kleine Zwischenmahlzeit
einnehmen und etwas Freizeit genießen
. Mittagessen war um 11.15 Uhr, Freizeit bis
12.30 Uhr, danach schloß sich angeleitete Beschäftigung
in Haus oder Feld (winters war von
13 bis 15 Uhr erneut Unterricht) an, die mit einer
kurzen Unterbrechung in Form einer Zwischenmahlzeit
bis 18.30 Uhr dauerte. Nach Nachtessen
(19 Uhr) und Nachtgebet (19.45 Uhr) schloß
sich sommers wie winters um 20 Uhr der Bettgang
an.
Letzteres galt auch für Jugendliche ab 15 ^Jahren
, die schon aufs Berufsleben, meist als Dienstboten
, vorbereitet wurden. Sie waren schon ausgeschult
, hatten also auch vormittags zu arbeiten
.
Diese heranwachsenden Zöglinge wurden jeden
Tag schon beim Aufstehen daran erinnert, daß
ihr Heim einem Kloster angegliedert war. Ihr Tag
begann wie bei den Schwestern um 4 bzw 5 Uhr,
je nach Jahreszeit. An Sonn- und Feiertagen durften
Kinder wie Jugendliche ausschlafen.
Wenn diese soziale Einrichtung klösterlich geprägt
erscheint, so war auch ihr Bestand ohne die
Ordensschwestern nicht denkbar. Auf ihrem
Rücken lasteten anfänglich fast unlösbare Probleme
, dazu kam der schnell wachsende Bedarf
an pädagogischen Bemühungen, an Lehre und
Pflege. Wer nun annimmt, der Klostergründer
hätte diesen Konvent nur als Basis seiner Rettungsanstalt
gegründet, wird ihm nicht gerecht.
Schon als Theologie-Student unterschied er sich
von seinen Kursgenossen nicht nur durch sein
soziales Engagement, sondern beeindruckte
auch durch tiefe Frömmigkeit und glaubwürdige
Lebensführung. Gottesdienst in Armut - diesen
Grundsatz sah er schon zu jener Zeit im Dritten
(weltlichen) Orden des heiligen Franziskus
verwirklicht, dem er deshalb auch beitrat.
Wie viele Christen seiner Zeit empfand er
schmerzlich das Fehlen der in der Aufklärung
aufgehobenen Klöster. Man glaubte, daß die
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