Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_12/0065
den Markttagen kommenden jüdischen Händler
wurden verschiedene Richtlinien festgelegt. In
der 1512 für Nieder- und Oberhohenberg erlassenen
Marktordnung Karls V wurde angeordnet,
daß die Amtleute den Untertanen gegen die Juden
beistehen sollten, „welche große Wucherei,
bös Gewerb und wirklichen Vorteil treiben, indem
sie denselben auf Häuser, Höfe, Wiesen,
Äcker [und] Weingärten Geld leihen und dadurch
um ihre Güter bringen."3 1620 wurde
dieser Erlaß durch eine Zollordnung für die
Herrschaft Schramberg ergänzt. Juden mußten
zuzüglich des Leibzolls die doppelten Zollgebühren
entrichten, und zwar für „die geringste
Ware, so ein Jude trägt, 3 Kreuzer, solche von
mittlerer und besserer Gattung 5 Kreuzer, Waren
, so mit Silber- und Goldborten, auch mit
Seidenzeug vermengt, 12 Kreuzer."4 Beim Handel
mußten sich die jüdischen Kaufleute mit
einem gelben Ring an der Kleidung deutlich zu
erkennen geben. Außerdem war ihnen jede Bewaffnung
, insbesondere das Tragen eines Wurfbeils
, untersagt.5

Handelsjuden im Marktflecken Schramberg

Durch den Preßburger Friedensvertrag von 1805
konnte das zum Königreich erhobene Herzogtum
Württemberg sein Staatsgebiet erheblich
vergrößern. Die Zunahme an Land und Leuten
bedeutete auch einen Anstieg der jüdischen Bevölkerung
, die sich von 534 Personen im Jahr
1800 auf 8256 Personen im Jahr 1814 erhöhte.6
In dem nun zu Württemberg gehörenden Marktflecken
Schramberg machte sich diese Bevölkerungsbewegung
zunächst noch nicht bemerkbar
. 1806 war nur dem Juden Isaak David gegen
ein jährliches Konsensgeld (eine an die Herrschaft
zu zahlende Gebühr) von zwrölf Gulden
der Handel „mit ganz gemeinen und alten Waren
" unter der Landbevölkerung erlaubt.7 Isaak
David — bis 1828 führten die Juden in Württemberg
noch keinen Familiennamen — galt als sogenannter
Schutzjude, der gegen die zu entrichtende
Abgabe eine Handelserlaubnis erhielt und
unmittelbar der Herrschaft unterstand. Im Zuge
der in der Aufklärung erstmals diskutierten Idee
von der Gleichstellung der Juden in der Gesellschaft
verfolgte insbesondere König Friedrich
von Württemberg eine Politik, mit der die Juden
schrittweise in das Staats- und Wirtschaftsgefüge
eingegliedert werden sollten. 1807 erhielten die

Juden das Recht zum Gütererwerb. 1809 ermöglichte
ein Gesetz den Juden die Ausübung bürgerlicher
Berufe und die Mitgliedschaft in den
Zünften. Da die Bindungen an den Handel im
Laufe der Zeit sehr stark geworden waren, wandten
sich nur wenige Juden einem Handwerk zu.8
Denn der Handel war in der beginnenden Industrialisierung
wesentlich erfolgversprechender.
Viele Grenzen waren in der nächsten Umgebung
gefallen, so daß die jüdischen Händler ihre bisherigen
Kunden besser erreichen und neue Absatzgebiete
erschließen konnten. Die Handelstätigkeit
der Juden unterlag allerdings nach wie vor
einer ganzen Reihe von Einschränkungen. Als
1819 die Zahl der im Marktflecken Handel treibenden
Juden sprunghaft zunahm, wies das für
Schramberg zuständige Oberamt Oberndorf darauf
hin, daß jüdische Hausierer nur mit einer
amtlichen Genehmigung Geschäfte abschließen
könnten. Zuwiderhandlungen sollten streng bestraft
werden. Wurde ein Handelsjude bereits
zum zweiten Mal ohne Hausiererlaubnis angetroffen
, war jeder Bürger verpflichtet, „den Juden
anzuhalten und an das Oberamt einzuliefern
". „Für seinen Eifer", so wurde dem Bürger
versichert, sollte er „seinen gesetzmäßigen An-
theil an den auf diese Weise dem Juden abgenommenen
Waaren ausbezahlt erhalten.. ."9
Dieser Erlaß blieb nicht ohne Widerspruch der
Betroffenen. Wenige Monate später protestierten
die Vorsteher der jüdischen Gemeinden in
Baisingen, Mühlen a. N., Mühringen, Nordstetten
und Rexingen bei der Regierung des Schwarzwaldkreises
in Reutlingen. Als Schutzjuden wiesen
sie auf die von ihnen aufgebrachten Gelder
für die württembergische Staatskasse hin und
verlangten die Aufhebung der Verordnung. Die
Bestimmungen des Oberamtes wurden daraufhin
teilweise zurückgenommen. Mit einer
neuen Verfügung versuchte der Schwarzwaldkreis
sowohl den Handelsjuden wie den
einheimischen Geschäftsleuten gerecht zu werden
(Abb. 1):

„3) Demjenigen Schuzberechtigten jüdischen Einwohner
, deßen alleiniges Gewerb der Hausierhandel ist, ist
unverweigert, an denjenigen Orten, in welchen entweder
gar keine Handelsleute und Krämer, oder keine
solche sich befinden, welche mit den von den Hausierern
zu verkaufenden Waaren handeln, nach eingeholter
Erlaubnis des Ortsvorstands und unter Beobachtung
der gesetzlichen Vorschriften, wie bisher Hausierhandel
zu treiben wenn

63


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_12/0065