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jähr wurde im Januar vom Vinzenzmarkt eröffnet
. Weitere Jahrmärkte waren der Fastenmarkt
im März, der Vitusmarkt im Juni, der Laurentiusmarkt
im August und der Nikolausmarkt im Dezember
. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verschoben
sich die noch aus dem Mittelalter
stammenden Markttermine. Für den wegfallenden
Vinzenzmarkt wurde im Oktober der Kirchweihmarkt
eingeführt, der als großes Volksfest
gefeiert wurde. Die Jahrmärkte erstreckten sich
auf den ganzen Marktflecken. Das Marktlokal für
die Tuchmacher und Stoffhändler war das als
„Fruchtkasten" bezeichnete Kornhaus der kombinierten
Kirchenstiftung, Schuh- und Geschirrhändler
hatten ihre Stände bei der Kirche, während
am Mohrenplatz die Marktschreier ihre
Waren anpriesen. Neben den Krämermärkten
fanden gleichzeitig auch die weithin bekannten
Schramberger Viehmärkte statt, die dank der
guten Geschäftsbeziehungen jüdischer Viehhändler
für die Landbevölkerung sehr wichtig
waren17(Abb. 3). In seiner 1826 verfassten „Beschreibung
und Geschichte der Herrschaft
Schramberg" berichtet Friedrich August Köhler,
evang. Pfarrer in Marschalkenzimmern, über die
Bedeutung der Schramberger Viehmärkte:
„Sie werden als Pferde- u. Rindviehmärkte von Christen
u. Juden selbst aus dem Brisgau und Elsaß und den
Viehhändlern aus dem Brechthaie häufig besucht, u.
deswegen jährlich einige derselben, wenn die Witterung
sie nicht ganz begünstigt, nach einigen Wochen
nochmals gehalten. Auch die Viehmärkte sind aus Mangel
an Raum in der Hauptstraße des Fleken. Dies u. daß
jedes Stück Vieh 4x Standgeld geben u. für jede Urkunde
15x bezahlt werden muß, ist ein Hindernis der noch
größeren Frequenz dieser Märkte."18
Trotz der hohen Marktgebühren wurde sehr viel
Vieh auf den Märkten angeboten und auch gekauft
. Bei den 1823 abgehaltenen Viehmärkten
erwarben die Händler und Bauern insgesamt 55
Kälber, 557 Kühe, 606 Stiere, 372 Schafe und
6179 Schweine.19 Für den überregionalen Austausch
landwirtschaftlicher Erzeugnisse waren
die jüdischen Viehhändler mit ihren Fachkenntnissen
unersetzlich. Im Oberamt Horb, wo in
den Orten Baisingen, Horb, Mühlen a.N., Mühringen
, Nordstetten und Rexingen im Jahr 1900
895 Juden in bedeutenden jüdischen Gemeinden
lebten, beschäftigten sich mehr als hundert
Geschäftsleute mit dem Viehhandel. Die größten
Pferdehändler, Rothschild in Horb und Pressburger
in Rexingen, kauften sogar in der Normandie
Pferde auf, um sie auf den Viehmärkten wieder
abzusetzen oder an ihnen bekannte Bauern zu
Abb. 3: Händler und Bauern auf dem Viehmarkt beim Schützenplatz (um 1900)
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