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„Schwarzwälder Tagblatt" berichtete: „... die liebe
Sonne (lachte) über der Residenzstadt, die zu
Ehren ihres Königs reichen Flaggenschmuck angelegt
hatte. Auch die Straßenbahnwagen waren
mit bunten Wimpeln geschmückt. Freudig bewegt
waren die zahlreich Erschienenen, die die
Straße vom Wilhelmspalast bis zum Alten Schloß
dicht umsäumten. Um elf Uhr fuhr das Königs-
paar, der König in der Uniform eines preußischen
Generalfeldmarschalls (Ernennung am 23.
Juli 1916, d. Verf.), im geschlossenen Wagen vor
das Alte Schloß, von der Schuljugend mit begeisterten
Hochrufen begrüßt." Und später „kam
der Jubel der Anwesenden wiederum in begeisterten
Rufen spontan zum Ausdruck, die sich auf
dem ganzen Wege zum Wilhelmspalais fortpflanzten
und Zeugnis gaben von der Liebe, die
das Schwabenvolk seinem Herrscher zolle..."
Und aus Schramberg berichtete das „Tagblatt":
„Die kirchliche Feier des 25jährigen Regierungsjubiläums
sr. Maj. des Königs wurde gestern
vormittag in den beiden hiesigen Stadtpfarrkirchen
durch einen Festgottesdienst begangen. An
dem Gottesdienst in der kath. Stadtpfarrkirche
beteiligten sich offiziell die staatlichen und städtischen
Beamten, der Militär- und Veteranenverein
, die Sanitätskolonne und die Insassen des
Vereinslazaretts, die unter Vorantritt der Stadtmusik
zur Kirche zogen. Die Stadt war beflaggt;
von einer weltlichen Feier wurde dem Ernste
der Zeit entsprechend Abstand genommen."
Denn in Europa wütete seit mehr als zwei Jahren
der 1. Weltkrieg. Das deutsche Volk hatte bereits
46,5 Milliarden Mark an Kriegsanleihe gezeichnet
. Es herrschte überall größte Lebensmittelknappheit
. Von den Fronten kamen laufend Meldungen
über Ordensverleihungen, aber auch
Verlustlisten mit Namen von Verwundeten und
Gefallenen. In Berlin konstituierte sich ein Ehrenausschuß
mit dem Ziel, den Goldvorrat der
Reichsbank durch freiwillige Spenden, im Sinne
von „Gold gab ich für Eisen", zu vergrößern.
Mehr als zwei Jahre sollte es noch dauern, bis der
große Krieg zu Ende war und König Wilhelm II.
von Württemberg seinen Abschied nahm. Auf
der König-Karl-Jubiläumsmedaille erschien daher
ab Anfang der 20er Jahre wieder das Bild
seines Vorgängers.
Die „Schwarzwälder Volkswacht", gegründet
1921, ein Amtsblatt für Schramberg und Alpirs-
bach, brachte einmal einen geharnischten Artikel
, in welchem sie aus ihrer antimonarchistischen
Gesinnung heraus gegen die weitere
Verleihung der König-Karl-Jubiläumsmedaille
wetterte. Sie ging sogar so weit, daß sie dem
Verleihungsbericht mit Namensliste vom 10. Juli
1928 anfügte: „Ob alle mit einer solchen Medaille
geehrt sind, mag dahingestellt bleiben. Wir
meinen, man könnte die Arbeiter mit etwas anderem
ehren." Desungeachtet muß man der
„Volkswacht" zugute halten, daß gerade sie es
war, die fast jedes Jahr Verleihungsberichte mit
Namenslisten veröffentlichte.
Um die Medaille in Silber oder in Bronze zu
bekommen, war ursprünglich eine 39jährige
Dienstzeit erforderlich, die später auf 35 Jahre
herabgesetzt wurde. Es kamen aber, wenn auch
selten, viel längere Dienstzeiten vor. Im Juli 1908
berichtete das „Schwarzwälder Tagblatt" von der
Verleihung an Friedrich Hüppchen für 53 Jahre
Tätigkeit bei der Strohhutfabrik J. P Haas, und
1910 waren unter 273 Bewerbern im Land sieben
aus Schramberger Betrieben, darunter Johannes
Kunz für 52 Jahre als Steingutdreher in
der Steingutfabrik und wiederum bei J. E Haas
die Garniererin Barbara Haas für 59 Jahre.
„Die König-Karl-Jubiläums-Stiftung, welche das
württembergische Volk seinem in Ehrfurcht geliebten
König Karl bei Allerhöchst dessen 25jäh-
rigem Regierungsjubiläum am 25. Juni 1889 als
Jubiläumsgabe dargebracht hat, ist nach dem
Allerhöchsten Willen Seiner Majestät des Königs
für die ... bezeichneten Zwecke bestimmt...";
so wird § 1 des Statuts aus dem Jahre 1890 eingeleitet
.
Das Andenken an den württembergischen König
lebt aber nicht nur in Medaillen weiter. Manchmal
findet man, auch außerhalb der Landeshauptstadt
, noch heute Erinnerungen an seine
Regentschaft. Wenn wir etwa in Tübingen
vom Hauptbahnhof zum Lustnauer Tor gehen, so
begegnen wir in der Mühlstraße einer epitaphähnlichen
, von zwei Säulen flankierten Gedenktafel
mit dem Namen „König Karl" in stets frisch
erhaltener Goldschrift. Die Stadt Tübingen ehrt
damit den württembergischen König, während
dessen Regierungszeit Straße und Strebemauer
erbaut worden waren. Der Text schließt mit den
folgenden Versen:
Ein reicher Quell des Segens sei es
Uns und unseren Kindern und ein Denkmal seis
Dem Fürsten, der dem Volk ein Vater ist.
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