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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_12/0080
Karoline Grüner:

DER RUECH (Fortsetzung)

In diesem Jahr wurde in mannigfaltiger Weise der Erhebung Schrambergs zur Stadt im Jahre 1867
gedacht und die seitherige Entwicklung unter den verschiedensten Aspekten dargestellt. Karoline
Grüner, die 1857 im damaligen Marktflecken geboren wurde, bei der Stadterhebung also gerade 10
Jahre alt war, richtet dagegen unser Augenmerk auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, die im
wesentlichen vom Handwerk und von der Landwirtschaft bestimmt war Es ist die Welt der kleinen
Leute, die in beengten und oft bedrückenden Verhältnissen lebten, denen sozusagen „nichts
Menschliches fremd" war, die sich aber mit viel Sinn für das Praktische, mit Zähigkeit und Stolz darin
zu behaupten suchten. Es ist ein Glücksfall, eine Erzählung, wenn auch notgedrungen in Fortsetzungen
, veröffentlichen zu können, die diese Welt widerspiegelt, denn auch sie gehört zur Geschichte
Schrambergs.

VI.

Da beide Familien nun mit der Heirat einverstanden
waren und keinen Aufschub der Hochzeit
wünschten, wurde diese auf die Kirchweih festgelegt
. Es war dies 2war eine kurze Frist, da man
neben dem Besorgen der Aussteuer auch noch
die Feldarbeiten verrichten mußte, aber mit
Fleiß und Ausdauer ließ sich dies alles rechtzeitig
bewältigen, weil die Freude zum Gelingen beitrug
.

Schnell gingen die paar Wochen vorüber. Die
Vorbereitungen auf die Hochzeit nahmen die
gesamte Küferfamilie in Anspruch. Damit ihre
Tochter nicht als Bettelmädchen aus dem Haus
gehen würde, dafür hatte die Küferin schon jahrelang
gesorgt. Sie hatte manche Nacht, die sie
bei einem kranken Kind wachen mußte, gesponnen
oder gewoben und dann das Tuch selbst
gebleicht. Als dann ihre Tochter aus der Schule
entlassen war, ließ sie sie bei der Spanner-Sattlerin
das Weißnähen erlernen. Wenn sie danach
auf dem Feld oder in der Werkstatt gerade nicht
viel Arbeit hatten - der Küfer hatte nämlich, um
einen Gesellen zu sparen, sein Weib und seine
Tochter angelernt, daß sie ihm beim Aufsetzen
von größerem Bandgeschirr helfen konnten —
hatten sie miteinander an Magdalenes Aussteuer
genäht. Ebenso hatte der Küfer schon vor Jahren
besonders schöne, glatte Kirschbaumstämme zu
Brettern sägen lassen. Diese waren inzwischen
klingeldürr, so daß man ein Schwinden und Reißen
von Möbeln nicht befürchten mußte. Der
Küfer brachte nun einen Teil der Bretter zum

Salomon-Schreiner, dem besten Handwerker in
seinem Fach, damit dieser seiner Tochter daraus
Bettladen, Kästen und eine Kommode mit Glasaufsatz
fertige. Ebenso trug er ein Quantum Bretter
zum Schreiner Haller in der hinteren Gasse,
um daraus für die obere Stube, die seine Tochter
ebenfalls einzurichten hatte, einen runden Tisch,
Stühle und eine Kommode mit Schreibpult machen
zu lassen.

Zum Kauf von Magdalenes Hochzeitskleid ging
sogar der Vater mit. Sie hatten gemeinsam beschlossen
, es beim Kaufmann Peregrin Haas, der
das Geschäft von seiner Mutter übernommen
und erweitert hatte, zu kaufen. Dem Küfer gefiel
aber keiner der vorgelegten Stoffe, was den Peregrin
sehr in Staunen versetzte. Es kam ihm seltsam
vor, daß ein so einfacher und unvermögender
Mann solche Ansprüche stellte. Hatte er
doch aufgrund seiner reichen Erfahrung, die er
sich über Jahre in den Großstädten als Handlungsgehilfe
und Volontär erworben hatte, seinen
Laden und sein Stofflager eingerichtet, um
der Kundschaft das Allerbeste anbieten zu können
. Als ihm nun der Küfer erklärte, daß er gerne
10-12 Karolin (110-132 Gulden) für den Stoff
auszugeben bereit sei, legte ihm der Kaufmann
die Muster von Seidenstoffen vor, einer schöner
als der andere. Bald war das Passende gefunden,
nur wunderten sich Mutter und Tochter, daß der
Vater, der sonst so sparsam war, soviel Geld an
den Hochzeitsstaat rückte. Als sie wieder daheim
waren, erklärte er ihnen, daß er schon lange
darauf gespart habe. Was er von einer Base in

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