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Eberhard Marte:
DAS SONNENUHRFRAGMENT
VON DER BURGRUINE HOHENSCHRAMBERG
Einleitung
Sonnenuhren, Sanduhren, Feuer- und Wasseruhren
sind die ältesten Zeitmesser, deren sich
die Menschen seit Jahrtausenden bedienten.
Aus dem natürlichen Bedürfnis heraus, die
Zeit des Tages zwischen Aufgang und Untergang
der Sonne zu unterteilen, sind Zeitmeßgeräte
in großer Vielfalt entstanden. Mit Gewichten
angetriebene Räderuhren gab es erst
seit Ende des 13. Jahrhunderts, eine Erfindung
, die wohl in den italienischen Stadtrepubliken
gemacht wurde. Diese schmiedeeisernen
Gewichtsräderuhren besaßen aber eine
erhebliche Gangungenauigkeit, bedingt
vor allem durch die als Gangregler verwendete
Waagunruh. Den großen Fortschritt hinsichtlich
Genauigkeit brachte erst der Einsatz
des Pendels um das Jahr 1657 durch den niederländischen
Physiker und Mathematiker
Christiaan Huygens. Tragbare Uhren kennt
man seit ihrer Erfindung durch Peter Henlein
in Nürnberg um das Jahr 1510. Doch waren
auch diese Uhren noch sehr ungenau und bedurften
der ständigen Kontrolle. Außerdem -
und das war wohl der wichtigere Umstand -
waren solche Uhren sehr teuer und daher für
die allermeisten Menschen unerschwinglich.
So blieb bis ins 19. Jahrhundert hinein die
Sonne das einzige verläßliche Zeitnormal,
nach dem die mechanischen Uhren gerichtet
werden konnten. Vergleichs- und Kontrollinstrumente
waren die an öffentlichen Gebäuden
und Kirchtürmen angebrachten Sonnenuhren
als stationäre Zeitmesser sowie die vielfach
benützten tragbaren Sonnenuhren.
Durch einen glücklich zu nennenden Zufall
konnte auch in Schramberg ein Zeitzeugnis
aus dem Bereich der Zeitmessung vor vier
Jahrhunderten ans Tageslicht gehoben werden
.
Der Fund
Als in den frühen Morgenstunden des 14. Juli
1982 der Schramberger Burgenforscher Lothar
Späth seine Grabungen auf der Burgruine
Hohenschramberg fortsetzte, stieß er in der
Abfallschicht an der Außenmauer des Vorhofes
auf etliche bemerkenswerte Gegenstände,
die nach der Fundlage dem Zerstörungsschutt
des Jahres 1633 zuzuordnen sind, als das
Schloß während des 30jährigen Krieges niedergebrannt
wurde (Abb. 1). Die Datierung
der Fundstücke fällt auf das 17. Jahrhundert,
ihre Herstellung in die Zeit vor 1633.
Aufgefunden wurden viele Scherben, die Reste
einer Ofenkachel, ein Messer mit Griff, ein
Glasrest sowie ein dünnes, dem Aussehen
nach beinernes Täfelchen, dessen Bedeutung
zunächst unklar war, zumal es sich offensichtlich
um das Bruchstück eines größeren Gegenstandes
handelte.
Wie sich bei den anschließenden ersten Überlegungen
herausstellte, handelt es sich um das
Fragment einer sogenannten Klappsonnenuhr
, wie sie im 16. und 17. Jahrhundert weit
verbreitet waren und vor allem auch von Reisenden
häufig benützt wurden (Abb. 2 und 3).
Das Fundstück ist recht gut erhalten, seine originalen
Kanten haben eine Länge von 41 bzw.
26 Millimeter, die Breite mißt 53 Millimeter.
Das Plättchen hat eine sehr gleichmäßige
Dicke von 4 Millimeter. Sonnenuhren stellen
als Bodenfunde eher eine Seltenheit dar.
Nach dem Urteil von Fachleuten besteht das
Sonnenuhrfragment sicherlich aus Elfenbein.
Dafür spricht schon einmal sein recht gut erhaltener
Zustand. Da die Gesamtlänge des
rechteckigen Plättchens vermutlich um 80 Millimeter
betrug, war es von einer Größe, wie
sie von Pferde- oder Rinderknochen nicht zu
gewinnen war, so daß der Werkstoff Bein eigentlich
ausscheidet. Bein konnte lediglich
für kleinere Uhren bis zu einer Länge von 30
oder 40 Millimeter verwendet werden, alle
größeren waren aus Elfenbein, Holz oder auch
aus Metall (hauptsächlich Messing und/oder
Silber).
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