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bei denen die Bohrungen „Spielraum" für ein
Bleikügelchen sind, das, an einem weiter oben
befestigten Faden hängend, als Senklot für die
Senkrechtstellung der Deckplatte benützt
werden konnte. Eine der darüberliegenden
Bohrungen könnte der Befestigungspunkt dieses
Bleilotes gewesen sein.
Das Vertikalzifferblatt unseres Fragmentes
weist neben den Stundenlinien auch die Striche
für die halben Stunden auf, die aber nicht
ganz nach innen bis zum großen Doppelkreis
durchgezogen sind, sondern vorher an einem
kleinen Kreischen enden. Für die Viertelstunden
sind schließlich noch Punkte zwischen
den Voll- und Halbstundenlinien markiert.
Demnach muß der Kompaßmacher (manchmal
auch Kompastmacher geschrieben) seinem
Erzeugnis eine relativ hohe „Genauigkeit
" zugedacht haben.
Die Außenseite der Deckplatte
Die andere Seite des Fragments (Abb. 3) zeigt
einen Teil der früheren Außenseite der Deckplatte
. Erhalten blieb das Teilstück einer Windrose
mit einem Zeiger, der die Form einer
Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger hat. Solche
Windrosen mit metallenen Zeigern finden
sich an vielen Klappsonnenuhren jener Zeit,
in die auch das Fundstück zu datieren ist. Der
Zeiger besteht aus Kupfer oder einer Kupferlegierung
, wie aus den Korrosionsspuren
(Grünspan) zu schließen ist. Der Handzeiger
ist mit einem Niet auf der Deckplatte befestigt
und ließ sich sicherlich mit einer gewissen
Reibung auf eine der zwischen den Doppelkreislinien
eingepunzten Zahlen einstellen.
Auf der Zeigerseite hatte der Niet wohl noch
eine kleine Bohrung, in die ein dem „Taschenbesteck
" beigegebenes kleines Fähnchen
zur Bestimmung der Windrichtung eingesteckt
werden konnte, wie das bei manchen
Klappsonnenuhren der Fall war.
Angegeben sind auf der Außenseite zunächst
die Haupthimmelsrichtungen deutsch und
lateinisch: Ost oder ORIENS, West oder OKZI-
DENS - noch ganz erhalten - sowie Süd oder
MERIDIES und Nord oder SEPTENTRIO -
nicht erhalten bzw. wegen der Bohrung in der
Platte nicht ausgeführt3.
Die weitere Halbierung der rechten Winkel
zwischen den Haupthimmelsrichtungen führt
Abb. 5: Schematische Darstellung einer Klappsonnenuhr
mit Horizontal- und Vertikalzifferblatt.
Auf der Innenseite der Grundplatte der zur Orientierung
notwendige Kompaß
zu den auf deutsch angegebenen Zwischenrichtungen
Nord-Ost, Nord-West, Süd-
Ost und Süd-West. Alle diese verbalen Bezeichnungen
stehen in nach außen gerichteten
Halbkreisbogen. Zwei weiter fortgesetzte
Halbierungen der Winkelbereiche führen
schließlich zu einer 32teiligen Windrose, wie
sie allgemein gebräuchlich war. Sie entsprach
den 32 Winden oder Gegenden des Seekompasses
. Innerhalb des innersten Doppelkreises
sind 32 Richtungen markiert und mit deutschen
(arabischen) Ziffern gekennzeichnet.
Der Nullpunkt dieser Zählung, der bei der
Zahl 32 liegt, fällt bemerkenswerterweise mit
der Ostrichtung zusammen.
Im Bereich der Stricheinteilung der 32 Richtungen
sind noch einmal abgekürzt in Lateinisch
die Haupthimmelsrichtungen angegeben
. Links des Zeigermittelpunktes sind die
Buchstaben OR (für Oriens, Osten) zu erkennen
, rechts der Zeigermitte die Buchstaben
OC (für Occidens, Westen). Oben an der
Bruchkante sieht man noch den unteren Teil
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